Abfindungen sind nicht sehr grosszuegig bemessen AT&T: Zahlreiche Entlassungen als erster Schritt des Umbaus

01.12.1995

MUENCHEN (CW) - AT&T raeumt in der Belegschaft auf. Der amerikanische Telefongigant machte etwa 78000 Mitarbeitern Angebote zum freiwilligen Ausstieg. Insider gehen davon aus, dass im Zuge der Konzernaufteilung in drei selbstaendige Unternehmen 25000 bis 30000 Mitarbeiter von Bord gehen werden.

Bis zum 29. Dezember muessen sich die Beschaeftigten nach Informationen des "Wall Street Journal" entscheiden, ob sie das Angebot ihres Arbeitgebers annehmen wollen oder ob sie die Umstrukturierungen abwarten, die Mitte Januar beginnen. Dann koennten sie allerdings Opfer einer Entlassung werden.

Bei der letzten grossen Kuendigungswelle im Jahre 1989 haben etwa 12000 Mitarbeiter ein Abfindungsangebot angenommen. Ein AT&T- Sprecher bezweifelt allerdings, ob so viele Beschaeftigte in diesem Jahr freiwillig das Unternehmen verlassen werden, da sich der Telecom-Riese knausrig zeigen soll. Die Abfindungsformel sieht wie folgt aus: Mitarbeiter erhalten ein Entgelt, das dem Lohn von fuenf bis 35 Wochen entspricht, je nach Dauer der Zugehoerigkeit zum Betrieb, zuzueglich eines 20prozentigen Bonus auf diese Summe.

Chairman Robert Allen hat seinen Mitarbeitern via E-Mail mitgeteilt, dass auch er noch nicht wisse, wieviel Mitarbeiter in der neuen AT&T gebraucht wuerden. Das Unternehmen hatte am 20. September bekanntgegeben, dass es sich in drei selbstaendige Firmen aufteile: Communication Service, Communication Products und Global Information Solutions (GIS). Der Personalabbau bezieht sich vor allem auf den Bereich der Produkte und Services. Von den rund 300 000 Beschaeftigten gehoeren ein Drittel dem Servicesektor an, der zwei Drittel des Konzernumsatzes erwirtschaftet.

Gartner Group: GIS stehen harte Zeiten bevor

GIS hat bereits in eigener Regie mit der Umstrukturierung und Entlassungen begonnen. So wird die DV-Sparte den Verlustbringer Nummer eins, das PC-Geschaeft, zum Ende des Jahres aufgeben. Weltweit verlieren von 42800 Mitarbeitern 8500 ihren Job.

AT&T beabsichtigt laut "Wall Street Journal" im Laufe des naechsten Jahres 15 Prozent der Produktfirma zu veraeussern. Der Verkauf soll vier Milliarden Dollar in die Firmenkasse bringen.

In einer Analyse zur AT&T-Situation kommt die Gartner Group zur Schlussfolgerung, dass in erster Linie der Serviceanbieter beste Voraussetzungen am Markt hat. Fuer das kleinere Unternehmen wuerden auch die Chancen steigen, regionale Netzanbieter einzukaufen.

Der GIS prophezeien die Gartner-Group-Berater harte Zeiten. Selbst wenn deren Chef Lars Nyberg die finanzielle Sanierung des DV- Bereiches gelingen sollte - in diesem Jahr ist ein Minus von 500 Millionen Dollar zu erwarten -, sei nicht klar, ob ihm auch die strategische Neuausrichtung gluecke. Das Unternehmen werde sich nur noch auf wenigen Gebieten tummeln, darunter das ehemals lukrative NCR-Geschaeft mit Kassensystemen.

Die Equipment-Firma, die sich noch einen Namen geben muss, werde sich am Anfang schwertun, da sie sich nicht mehr auf den finanziellen Rueckhalt und das Image der Mutter verlassen koenne. Andererseits habe das neugegruendete Unternehmen die Chance, als unabhaengiger Anbieter auch Produkte an AT&Ts bisher groesste Konkurrenten wie MCI, Sprint und die Baby Bells zu verkaufen. Schwerpunkt werde die Netzwerktechnologie sein.