Portalanbieter ist inzwischen profitabel

Abaxx AG: Ein Startup wächst aus den Kinderschuhen

07.09.2001
MÜNCHEN (CW) - Nach dem abgesagten Börsengang Ende 2000 ist es um die Abaxx Technology AG keineswegs ruhiger geworden. Im Gegenteil: Unbelastet von den Kurseinbrüchen am Neuen Markt hat sich der Stuttgarter Portalanbieter auf seine Arbeit konzentriert und ist mittlerweile, knapp zwei Jahre nach der Gründung, profitabel.

Als der Börsentraum von Abaxx Ende November 2000 wie eine Seifenblase platzte, war bei den Stuttgarter Softwerkern zunächst Ernüchterung angesagt. Statt der erhofften 62 Millionen Euro, die das IPO bereits bei einem Emmissionspreis am unteren Ende der Bookbuilding-Spanne von 21 Euro gebracht hätte, drückten das erst April 1999 gegründete Unternehmen nun finanzielle Probleme: Die liquiden Mittel reichten nur noch zwei bis drei Monate, gleichzeitig bestand die Gefahr einer bilanziellen Überschuldung.

Um die Geldnöte zu beseitigen, entschlossen sich die bisherigen Venture-Capital-Geber (VCs) 3i, Earlybird, General Atlantic sowie das Beratungshaus Accenture zu einer dritten Finanzierungsrunde in Höhe von 18,7 Millionen Euro.

Trotz dieser üppigen Finanzspritze verordneten sich die drei Ex-Brokat-Mitarbeiter und Abaxx-Vorstände Albert Jürgen Enders (CEO), Dirk Matzat (CFO) und Thorsten Schäfer (CTO) entgegen den Gepflogenheiten ihres ehemaligen Brötchengebers erst einmal einen Sparkurs. Nachdem sogar Mitinvestor Accenture in den USA kaum nennenswerte Aufträge verbuchen konnte, beschloss das Startup, die dort erst Juli 2000 gegründete Niederlassung wieder zu schließen. Auch die geplante Expansion nach Italien und Frankreich wurde gestrichen. Geschick bewiesen die Stuttgarter hingegen mit der Entscheidung, ihre Dependancen in Großbritannien und der Schweiz aufrechtzuerhalten. Allein die Geschäfte mit den Eidgenossen tragen mittlerweile etwa zwanzig Prozent zum Gesamtumsatz bei.

Auch auf der Personalliste wütete der Rotstift: Statt die geplante Aufstockung auf 480 Angestellte voranzutreiben, entließ Abaxx zehn Prozent der Mitarbeiter.

Angesichts der Pleite am Neuen Markt hatte das abgesagte IPO im Nachhinein durchaus seine Vorteile: So musste sich das Management im Gegensatz zu anderen börsennotierten Firmen nie rechtfertigen, warum die Aktie wieder gefallen ist, erklärt Chief Technology Officer (CTO) Thorsten Schäfer. Außerdem wäre in Anbetracht der Mitarbeiterbeteiligung - die Angestellten besitzen 2,35 Prozent der Abaxx-Anteile - die Motivation bei einem abgesackten Kurs stark gefährdet gewesen.

Die selbst verordnete Rosskur zeigte Erfolg: Lagen Umsatz und Verlust noch im zweiten Halbjahr 2000 bei knapp zwölf Millionen Euro, konnte Abaxx in der ersten Jahreshälfte 2001 das Minus - hauptsächlich Abschreibungen für Vorinvestitionen und Softwareentwicklung - auf etwa zwei Millionen Euro reduzieren. Gleichzeitig stiegen die Einnahmen auf 19,5 Millionen Euro. Bereits jetzt sind die Stuttgarter zuversichtlich, die im März 2000, also während des seinerzeit noch grassierenden E-Commerce-Fiebers, aufgestellten Prognosen von 33 Millionen Euro Jahresumsatz einzuhalten. Nachdem das Unternehmen nach eigenen Angaben seit dem zweiten Quartal 2001 profitabel arbeitet, stehen die Chancen günstig, bis zu diesem Zeitpunkt außerdem den Breakeven zu erreichen. Probleme könnte lediglich die heiße Phase der Euro-Umstellung bereiten, falls die Finanzinstitute, Hauptkundschaft von Abaxx, ähnlich wie vor dem Jahrtausendwechsel ihre Projekte einfrieren.

Nachdem die Konjunkturflaute die direkte Konkurrenz, Firmen wie Broadvision, ATG, Vignette oder Intershop, stark in Mitleidenschaft gezogen hat, sieht Abaxx die derzeitige Bedrohung im Wettbewerb eher in großen Anbietern wie SAP oder Oracle. Hilfreich im Tagesgeschäft dürfte derzeit sein, dass das Stuttgarter Softwarehaus - ähnlich wie bereits mit Bea Systems - jetzt auch eine strategische Partnerschaft mit Siebel Systems vermelden kann. Für die Aussicht, mit eigenen Produkten auf der Preisliste von Siebel zu stehen - was dieser Deal letztlich für Abaxx bedeutet - erhält der kalifornische CRM-Anbieter Zugang zu europäischen Highend-Banken wie Credit Suisse und ein individualisierbares Frontend.

Bei einem durchschnittlichen Lizenzerlös von 1,5 Millionen Euro betreut Abaxx noch nicht die meisten, aber namhafte Kunden: Im Bereich Finanzdienstleister finden sich etwa die Credit Suisse Group, die Landesbank Baden-Württemberg, die Hypo-Vereinsbank sowie deren Tochter Planethome AG, Betreiber eines gleichnamigen Immobilienportals. Um nicht eingleisig zu fahren, bemüht sich das Unternehmen auch um hochkarätige Kundschaft aus anderen Bereichen als dem Bankgeschäft: So erstellte Abaxx für Bertelsmann-Springer eine E-CRM-Lösung, baute im Auftrag der Deutschen Bahn ein Fuhrpark-Management-System und konstruierte für die Transtec-Tochter Tec2be einen gleichnamigen, SAP-zertifizierten Computermarktplatz.

Nicht zuletzt auf Drängen der VCs, die mit 58,45 Prozent an Abaxx beteiligt sind, steht der Börsengang nach wie vor auf dem Terminkalender von Abaxx, allerdings hat das Going Public nicht oberste Priorität. Dieses Mal wollen die Stuttgarter nichts überstürzen und vor allem ein günstigeres Kapitalmarktklima abwarten. War der geplante Börsengang im vergangenen Jahr möglicherweise ein Frühstart, dürfte die Abaxx Technology AG in Sachen Börsenreife mittlerweile einigen Firmen am Neuen Markt den Rang ablaufen.

Der Siebel-DealUm zu erklären, wie sich Siebel und Abaxx ergänzen sollen, greift CTO Thorsten Schäfer zu einem Beispiel aus der Kinderzeit: So vergleicht er die Software des CRM-Anbieters mit Playmobil, während er die auf J2EE, Enterprise-Java-Beans (EJB) und XML basierende Abaxx-Produktsuite mit einem Lego-Baukasten gleichsetzt: Beide sind brauchbare Systeme, das eine starr und geringfügig zu verändern, das andere flexibel und individuell anpassungsfähig.

Um den Deal näher an der Technik zu erläutern: Mit Hilfe von Abaxx'' E-Business-Suite lassen sich unterschiedliche Funktionen, wie Lexika, oder integrierte, gängige Unternehmensanwendungen - etwa von Siebel, SAP oder SAS Institute - mittels variabler Objekte, den I-Lets, individuell auf der Website platzieren. Bei einem Call-Center-Portal auf Basis von Siebel- und Abaxx-Komponenten zum Beispiel kann der Agent zusätzlich das Depot des Kunden einsehen und detaillierte Informationen zu einer angeforderten Aktie abrufen. Außerdem unterstützt die Software ein interaktives Browsing, das es dem Kundenbetreuer ermöglicht, während des Geprächs einen beliebigen Bereich auf dem Client-Bildschirm zu markieren, um Details zu erläutern.

Noch ist Abaxx damit beschäftigt, die Schnittstellen für die geplante Partnerschaft zu programmieren. De facto existiert der Anschluss aber bereits, da er bei den Portalen der Dresdner Bank und der DGZ Deka Bank im Einsatz ist.