Entwicklung und Bedeutung der Service - Rechenzentren:

90% der EDV - Anwender rechnen außer Haus

12.03.1976

MÜNCHEN - In gleichem Maße, wie das "Prestige-Denken" der 60er Jahre einer nüchternen Betrachtungsweise gewichen ist, wenn es um die Anschaffung und den Betrieb einer eigenen oder angemieteten EDV-Anlage geht, wuchs die Bedeutung der Service-Rechenzentren. Dafür sprechen beweiskräftige Zahlen:

Mehr als 90 Prozent der rund 800000 "EDV-Anwender" werden von Service-Rechenzentren bedient. Diese Durchdringung der gesamten mittelständigen Wirtschaft wird vielfach übersehen, wenn bei EDV nur an die rund 36000 Direktanwender gedacht wird.

Selbst Firmen mit eigener Anlagen werden zunehmend auch Kunden der Service-Rechenzentren. Gründe dafür sind:

1. Ausweichen bei Spitzenbelastungen

2. Zu geringe Hauptspeicherausstattung für gelegentlich laufende speicherintensive Anwendungen

3. Zunehmend auch das in den USA bereits verbreitete, hierzulande erst in ersten Anfängen steckende Facilities Management

4. Die von Full-Service-Unternehmen zunehmende Nutzung von Know - how-Angeboten und Programme.

Vier Typen

Im Verband Deutscher Rechenzentern e. V. ( VDRZ ), Hannover ,sind 102 Service-Unternehmen mit mehr als 200 Produktionsstätten unterschiedlicher Struktur zusammengeschlossen. Diese knapp 30 Prozent der Gesamtheit von etwa 350 selbständigen Service-Rechenzentren repräsentieren aber rund zwei Drittel des Umsatzes der Branche.

Sie sind zu unterteilen in:

. Hersteller-Rechenzentren

Rechenzentren,, die von Herstellern von Datenverarbeitungsanlagen - IBM, CDC, Univac, Honeywell Bull, Siemens, NCR und Gier-Electronies - betrieben werden. In der Zielsetzung dominiert gelegentlich die Verkaufsunterstützung im Hardware-Bereich.

. Gemeinschaftsrechenzentren

Installation und Betrieb von DV-Anlagen durch Unternehmensgruppen. Bekannt geworden ist das "Schramberger Modell", eine Kooperationsgemeinschaft von seinerzeit sechs Industrieunternehmen die im Jahre l962 das erste Beispiel zum Betrieb eines Gemeinschaftsrechenzentrums lieferte. Ziel dieser Unternehmensgründungen ist der kostensenkende, gemeinschaftliche Betrieb der DVA für die Gesellschafter.

. Freie Rechenzentren

Gewerbliche Rechenzentren, die ihre Dienstleistungen der gesamten mittelständigen Wirtschaft anbieten. Zu unterscheiden sind zwei Schwerpunkte für zunehmende Spezialisierung

- Branchenorientierung

- Sachgebietsorientierurg

.Hausgründungen

Betriebliche Rechenzentren, die in eigenständige Unternehmen ausgelagert wurden. Sie bedienen in erster Linie die Muttergesellschaft, bieten, aber darüber hinaus ihre Kapazitäten am Markt an. Die Ausgründungen entsprechen dem Rechenzentrumstyp mit Sachgebietsorientierung und stellen daher eine starke Konkurrenz zu den freien, gewerblichen Rechenzentren dar.

Kennzahlen der Branche

Der Branchenumsatz aller Service-Rechenzentren belief sich 1975 auf etwa 1,3 Milliarden Mark, betrug aber demnach - und das ist die Kehrseite der beeindruckenden Zahlen - vermutlich unter 10 Prozent der Gesamtausgaben der BRD für die Datenverarbeitung.

Die Anzahl der eingesetzten Computer liegt bei 900 bis 1000 Anlagen, das sind rund 7 Prozent aller in der BRD installierten Rechner.

Nach einer VDRZ-Strukturanalyse beschäftigt das einzelne Service-Rechenzentrum durchschnittlich 40 Mittarbeiter (einschließlich Verwaltungs- und Hilfspersonal). Das entspricht etwa 15000 Beschäftigten in der Rechenzentren-Branche. Rund 63 Prozent der Service-Rechenzentren sind "freie" Rechenzentren. Es folgen rechtlich selbständige ausgegliederte EDV-Abteilungen mit 16 Prozent, Gemeinschaftsrechenzentren mit 8 Prozent, Genossenschaften mit 9 Prozent und Hersteller mit 4 Prozent.

Das Dienstleistungsangebot gliedert sich in:

- Datenverarbeitung 100 Prozent

- Datenerfassung (fürDritte) 72 Prozent

- Blockstundenvermietung 54 Prozent

- Programmierung (für Dritte) 96 Prozent

- Systemanalyse und Planung 77 Prozent

- Organisation 68 Prozent

Die Anwendungsgebiete sind:

-Rein kaufmännisch 60 Prozent

- Technisch-wissenschaftlich 16,5 Prozent

- Allgemein 14,5 Prozent

- Spezialanwendungen 9 Prozent