Keiner weiß, ob die Spione IBM-Geheimnisse fanden

86 000 Mark in der Hosentasche

24.01.1975

KARLSRUHE - Eine richtige Spionage-Story: ein Verdächtiger hat 86 000 Mark Bargeld in der Hosentasche, ein anderer 70 000 Mark in einem Bankschließfach. Die Kripo stellt bei Haus- und Arbeitsplatzdurchsuchungen DV-Unterlagen, Computerzubehör und eine sowjetische Kleinbildkamera sicher, findet zwölf Verdächtige und verhaftet neun.

Nach den bisherigen Ermittlungen hat die Gruppe Unterlagen über die IBM-Systeme 370/168, 370/158, 370/145 sowie die 360-Serie beschafft und dafür mindestens 272 000 Mark von einer "östlichen Macht" erhalten. Weder Bundesanwalt Fischer (Karlsruhe) noch IBM-Pressestellenleiter Dr. Dieckow (Stuttgart) vermögen allerdings zu sagen, ob es sich bei den weitergegebenen Informationen eigentlich um echte Firmengeheimnisse handelt oder ob es Material ist, das breiten Kreisen von Kunden ohnehin zugänglich ist, beziehungsweise das ohne weiteres gekauft werden kann. "Öffenbar ist es nicht so leicht für den Osten, die Sachen legal zu beschaffen", meinte Bundesrichter Fischer. "Wir sehen einen Zusammenhang mit den Embargobestimmungen, die den Export bestimmter Güter verbieten".

Einer der Verdächtigen war als Wartungstechniker bei der IBM beschäftigt (nicht als Vakuumtechniker, wie man stellenweise lesen konnte).

Ob es sich bei den anderen um Mitarbeiter von IBM-Kunden gehändelt hat, will die Bundesanwaltschaft bisher ebensowenig sagen wie anderes über die Wirtschaftsspione, denen Diebstahl Unterschlagung, Verstoß gegen Embargobestimmungen und gegen das Wettbewerbsrecht vorgeworfen werden.

Im Jahre 1968 wurde IBM Deutschland schon einmal Opfer einer Ostspionage-Affäre: damals wurde ein bei der IBM beschäftigter Buchhalter als Agent entlarvt und zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Er hatte Organisationspläne, Werksplan und Haustelefonbuch der IBM kopiert und in den Osten geschickt.