Mehr Entlassungen als gewollte Jobwechsel

12.08.2005
Von 
Ingrid Weidner arbeitet als freie Journalistin in München.
Noch immer kündigen meistens die Unternehmen. Doch in den kommenden Jahren könnte sich die Relation wieder zugunsten des freiwilligen Jobwechsels verschieben.

Hier lesen Sie ...

  • wie sich die Fluktuationsraten in der IT-Branche europaweit entwickeln;

  • in welchen Ländern viele Mitarbeiter freiwillig den Arbeitgeber wechseln;

  • weshalb Unternehmen jetzt ihr Personal sorgfältiger auswählen;

  • welche Rolle Leistungsbeurteilungen spielen.

Unternehmen wie SAP sind seit jeher stolz auf niedrige Fluktuationsraten. In vielen Unternehmensberatungen war es dagegen aus früher schon selbstverständlich, dass Berater häufiger ihre Koffer packen und sich auf die Suche nach einem neuen Arbeitgeber machen. Doch solche vertrauten Muster wurden in den letzten Jahren ziemlich durcheinander gewirbelt. Durch den verbreiteten Personalabbau überwogen die Kündigungen seitens der Arbeitgeber.

Martin Hofferberth, Towers Perrin: "Leistungsschwache Mitarbeiter stehen stärker unter Beobachtung."

2004 verließen 6,4 Prozent der IT-Beschäftigten in Deutschland aus freien Stücken ihren Arbeitgeber, gekündigt wurde dagegen 7,3 Prozent. Allerdings sind diese Angaben mit Vorsicht zu genießen: "Durch den Kündigungsschutz lässt sich die Zahl der Entlassungen nicht genau beziffern", erläutert Martin Hofferberth, Vergütungsexperte von Towers Perrin, die vom Beratungsunternehmen erhobenen Zahlen. Aufhebungsverträge fließen in der Regel auch dann als freiwillige Kündigungen in die Statistik ein, wenn Mitarbeiter sie gegen ihren eigentlichen Willen unterschrieben haben. Die Zahl der De-facto-Entlassungen dürfte also höher liegen als 6,4 Prozent. Mit insgesamt 13,7 Prozent Kündigungen bewegt sich Deutschland jedenfalls am oberen Ende der europäischen Skala.

Die niedrigste Mitarbeiterfluktuationsrate im IT-Bereich weist mit 3,4 Prozent die Slowakei auf; mit 0,8 Prozent fällt hier der Anteil der Kündigungen durch den Arbeitgeber besonders bescheiden aus. In Griechenland und Großbritannien verlassen mehr Mitarbeiter freiwillig ihre Unternehmen, als Kündigungen ausgesprochen werden. Hofferberth interpretiert das als Aufschwungsignale. Auch in den neuen EU-Staaten Mittel- und Osteuropas sowie in Russland kündigen mehr IT-Angestellte freiwillig. Die meisten Kündigungen gibt es mit 17,8 Prozent in den Niederlanden; elf Prozent sprechen die Arbeitgeber aus. Towers Perrin befragte Manager aus 930 Konzernen und mittelständischen ITK-Unternehmen in Europa. Gegenüber 2003 sind die Fluktuationsraten nahezu stabil geblieben.