Länder reißen Fiscus-Projekt an sich

06.07.2005
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Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Mit der Auflösung der Fiscus GmbH wollen die Finanzminister der Länder wieder die Hoheit über die Entwicklung einer bundesweit einheitlichen Steuersoftware erlangen.
Die Fiscus-Mitarbeiter protestieren gegen den drohenden Verlust ihrer Arbeitsplätze. Foto: Fiscus GmbH
Die Fiscus-Mitarbeiter protestieren gegen den drohenden Verlust ihrer Arbeitsplätze. Foto: Fiscus GmbH

Die Finanzminister der Länder haben ihre Vertreter in der Gesellschafterversammlung der Fiscus GmbH gebeten, die Auflösung vorzubereiten und die Gesellschaft geordnet abzuwickeln", heißt es in einem am 23. Juni gefassten Beschluss der Finanzministerkonferenz der Länder. Damit scheint das Schicksal von Fiscus besiegelt. Ursprünglich war die Bonner Firma angetreten, dem Projekt "Föderales integriertes standardisiertes computerunterstütztes Steuersystem" (Fiscus) neuen Schwung zu verleihen. Nachdem das bereits seit 1991 geplante Vorhaben, eine bundesweit einheitliche Steuersoftware für alle Finanzämter zu entwickeln, an Streitereien und Kompetenzgerangel zu scheitern drohte, sollte die GmbH das Projekt zentral steuern und vorantreiben.

Doch dies misslang. Bereits vor einem Jahr degradierten die Finanzminister Fiscus zum reinen IT-Dienstleister, der von den einzelnen Ländern mit Teilaufgaben betraut werden sollte - ein Lippenbekenntnis, wie sich nun herausstellte. "Die Länder entwickeln Software gemeinsam und vereinheitlichen die eingesetzte Software", heißt es in dem jüngsten Beschluss. Der arbeitsteilige Ansatz habe sich als die beste Lösung erwiesen. Die Minister hatten auch gleich einen neuen Namen für ihre Pläne parat: Mit "Konsens" (Koordinierte neue Softwareentwicklung der Steuerverwaltung) sei man in der Lage, das Ziel einer einheitlichen Software in allen Ländern zu erreichen. Die Fiscus GmbH hat in diesen Plänen offenbar keinen Platz mehr.