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Sun reagiert auf Kritik der Open-Source-Gemeinde

04.02.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Sun Microsystems will die Open-Source-Lizenzform "Common Development and Distribution License" (CDDL) um einen erläuternden Zusatzartikel ("bill of rights") erweitern. Dieser soll in allgemein verständlicher Weise darlegen, was Programmierer mit CDDL-lizenzierter Software machen dürfen und in wie weit ihnen bei der Weiterentwicklung von Sun-Programmen Rechtsschutz geboten wird. Unter der CDDL stehen die meisten Bestandteile von Suns Open-Source-Variante des Betriebssystems Solaris. Außerdem dürften die von Sun angekündigten fast 1700 Patente, welche die Community angeblich frei verwenden darf, mit dieser Lizenz verbunden sein. (Computerwoche.de berichtete)

Zuvor hatten zahlreiche bekannte Personen aus der Open-Source-Szene schwere Bedenken gegen die CDDL geäußert. Die Kritik entzündete sich insbesondere an der Juristensprache der Lizenz, die eher vernebelnd als klärend wirke. Daraufhin war Sun vorgeworfen worden, die Community ausschließen zu wollen und sich Hintertürchen für Klagen gegen Open-Source-Entwickler offen zu halten.

Der Rechtsexperte Dan Ravisher, Vorsitzender der Public Patent Foundation, hatte in einem offenen Brief an Sun-Chef Scott McNealy Erklärungen zu dem vermeintlichen Patentgeschenk und die CDDL gefordert. Unter anderem hatte er darin die Frage gestellt, ob sich Sun Klagen wegen Patentrechtsverletzungen vorbehalte. Auch die auf Open-Source-Rechtsfragen spezialisierte Website Groklaw wies auf Unklarheiten und widersprüchliche Aussagen leitender Sun-Manager im Zusammenhang mit der CDDL und dem "Patentgeschenk" hin. Groklaw empfiehlt den Open-Source-Entwicklern eine äußert vorsichtige Herangehensweise an Sun-Offerten.

Es ist fraglich, ob Sun-Patente auch für Open-Source-Projekte genutzt werden dürfen, die nicht unter der CDDL stehen, beispielsweise für Linux. Erklärungen von McNealy und Sun-President Jonathan Schwartz lassen sich nur so interpretieren, als seien die Patente lediglich für die Entwicklung von Open Solaris offen. Es gibt die Befürchtung, Open-Source-Entwickler aus anderen Projekten könnten sich der Gefahr künftiger Klagen schon dadurch aussetzen, dass sie sich Sun-Quellcode nur anschauen. Unbekannt ist auch, welche Folgen sich aus Suns Übereinkunft mit Microsoft ergeben könnten. Wo beginnen Rechte, die den Redmonder Riesen auf den Plan rufen könnten? Hat Sun ein Minenfeld gelegt?

Dass Novell- und IBM-Manager sich wenig positiv über die Manöver von Sun äußerten, verwundert nicht; schließlich sind sie Konkurrenten. Immerhin muss man Sun zugestehen, dass das Unternehmen umfangreiche und bedeutende Beiträge zur Open-Source-Entwicklung geleistet hat. So wurden beispielsweise nicht gerade unwichtige Teile von Java ebenso offen gelegt wie das Büropaket "Star Office". Und es sei daran erinnert, dass auch IBM und Novell bei ihrem Einstieg in Linux zunächst nicht mit den Befindlichkeiten, Umgangsformen und Verfahrensweisen der Open-Source-Bewegung vertraut waren.

In den einschlägigen Foren der Open-Source-Szene herrschen Bedenken vor, gleichzeitig geht man aber selbstbewusst davon aus, dass Sun von der Bewegung lernen wird. Selbst der für seine unbeugsame Haltung bekannte Free-Software-Vordenker Richard Stallman äußert sich ungewöhnlich zurückhaltend. Er legt Sun nahe, dem Beispiel der IBM zu folgen, die

500 Patente generell für alle Open-Source-Projekte freigegeben hat: "Vielleicht wird Sun den Worten Taten folgen lassen und wie IBM einen wirklichen Schritt tun." (ls)