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"Washington Post" kauft Microsofts "Slate"

22.12.2004

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die renommierte US-Tageszeitung "Washington Post" sucht nach neuen Online-Werbeeinnahmen und übernimmt dazu das bislang im Besitz von Microsoft befindliche Politik- und Kultur-Online-Magazin "Slate". Das "Wall Street Journal" berichtet unter Berufung auf Insider, der Kaufpreis habe zwischen 15 und 20 Millionen Dollar betragen, und neben der "Post" habe es noch weitere Interessenten gegeben, darunter die "New York Times" sowie "Cnet".

Damit übernimmt binnen Kurzem bereits zum zweiten Mal eine größere Medienfirma eine frei zugängliche Website. Offenbar steigt das Interesse an Online-Medien wieder, nachdem das Platzen der Dotcom-Blase endlich verdaut ist. Die US-Kartellbehörden genehmigten gestern offiziell die Übernahme der Finanzinformations-Site "MarketWatch" durch Dow Jones für 519 Millionen Dollar (Computerwoche.de berichtete).

Der Verlag der "Washington Post" will sich mit der Übernahme neben seiner Flaggschiff-Site und dem Netzauftritt der "Newsweek" eine dritte prestigeträchtige Online-Anlaufstelle sichern. "Aus Geschäftssicht ist die wahre Motivation die Werbung", erklärte Cliff Sloan, Vice President für Business Development und Generaljustiziar des Online-Bereichs der "Washington Post".

Laut Nielsen//Netratings verzeichnete Slate im November 5,1 Millionen eindeutige Besucher (unique visitors), die Website der "Washington Post" kam auf 7,06 Millionen. "Slate", das auch weiterhin über Microsofts MSN-Portal zu erreichen sein wird, suchte seit Monaten einen Käufer. Jacob Weisberg bleibt wie gehabt Chefredakteur von "Slate", Sloan darf sich zusätzlich "Slate Publisher" auf die Visitenkarten drucken lassen.

Redaktionell will die "Washington Post" an "Slate" nichts ändern. Das Online-Medium wird weiterhin Büros in New York und Washington betreiben, jedoch seine Filiale in Redmond schließen. Microsoft hatte "Slate" 1996 gegründet in der Hoffnung, dass dessen Kommentare und prominente Autoren unter Führung von Michael Kinsley neue Besucherströme auf MSN anlocken würden. Für seine Inhalte wurde "Slate" zwar regelmäßig gelobt, Geld konnte der Softwarekonzern daraus aber nie in nennenswertem Umfang schlagen. (tc)