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Denic will Verisign den .net-Betrieb abjagen

11.11.2004
.de ist schon jetzt die zweitgrößte Top-Level-Domain nach .com. Deswegen kann sich die Frankfurter Denic e.G. gut vorstellen, künftig auch den Bereich .net zu betreiben.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die für den Betrieb der geografischen Top-Level-Domain (TLD) .de zuständige nicht gewinnorientierte Frankfurter Genossenschaft Denic e.G. erwägt, sich um den künftigen Betrieb der gegenwärtig bei Verisign befindlichen TLD .net zu bewerben. Der Vertrag von Verisign mit der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) läuft im kommenden Sommer aus und soll womöglich schon heute neu ausgeschrieben werden.

Neben der Denic dürfte es noch weitere Interessenten für den Betrieb von .net geben - denkbare Kandidaten wären etwa der .info-Betreiber Afilias (Irland), die amerikanisch-australische NeuLevel (.biz) sowie mit Sicherheit auch Verisign selbst, das außerdem .com und andere TLDs betreibt.

Die ICANN wird bei der Neuvergabe, die aus Neutralitätsgründen durch eine noch nicht benannte Wirtschaftsprüfungsfirma entschieden werden soll, vor allem Wert auf technische Leistungsfähigkeit und Erfahrung legen. Und hier sieht sich die Denic bestens aufgestellt. Vorstandsmitglied Sabine Dolderer erklärte gegenüber "Computerwire", mit der Organisationsstruktur und Expertise könne man die nötige technische und finanzielle Stabilität bietet. Außerdem verfolge die Denic in punkto Internet-Infrastruktur einen traditionellen, standardbasierenden Ansatz.

Die ccTLD (Country Code Top Level Domain) .de ist mit über acht Millionen registrierten Adressen der weltweit zweitgrößte Adressbereich nach .com. Die Name-Server der Denic verarbeiten laut Dolderer pro Minute etwa eine halbe Million Anfragen. Dabei seien die an elf Standorten weltweit platzierten Maschinen gegenwärtig nur zu etwa fünf Prozent ausgelastet. "Wir können technisch genauso viel wie Verisign, treten aber gegenüber der Internet-Gemeinde grundsätzlich anders auf", erklärte Dolderer.

Verisign sei börsennotiert und damit zu Umsatz- und Gewinnmaximierung verpflichtet. Firmenchef Stratton Sclavos fordere immer wieder, man solle "Intelligenz" in Gestalt kommerzieller Dienstleistungen in die Internet-Infrastruktur verlagern - bestes Beispiel dafür sei die "Sitefinder"-Kontroverse aus dem vergangenen Jahr (Computerwoche.de berichtete).

"Wenn wir die Infrastruktur dumm halten, gibt es viel mehr Möglichkeiten, neue Services am Edge einzuführen und die Innovation dort zu fördern", so die Denic-Frau weiter. Der Non-profit-Ansatz sei für die Internet-Nutzer ein echter Vorteil, weil er es der Denic gestattet, mehr Umsatz zurück in die Infrastruktur zu stecken und damit die Preise zu senken.

Aufgabe der ICANN sei es außerdem, den Wettbewerb und internationale Kooperation zu fördern. Dies spreche ebenfalls dafür, .net nicht länger bei Verisign zu lassen und möglicherweise der Denic zu übereignen.

Diese müsste allerdings zusätzliche technische Verfahren einführen, um .net zu übernehmen. Dieses arbeitet gegenwärtig noch mit dem älteren Registry-Registrar Protocol (RRP). Die meisten neueren Registrierdatenbanken, so auch die Denic, verwenden stattdessen das Extensible Provisioning Protocol (EPP). "Die Denic bietet EPP als Standard an, würde aber einen RRP-Proxy aufsetzen, sodass Registrare weiter RRP nutzen können", versprach Dolderer.

Bevor die Denic sich offiziell um die Verisign-Nachfolge für .net bewerben kann, muss allerdings noch eine Mehrheit ihrer Mitglieder dies genehmigen. Das sollte aber kein Problem sein - ein entsprechender Antrag liegt bereits für die Mitgliederversammlung am 22. November vor. (tc)