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Start-up erklärt Softwareportierung für überflüssig

14.09.2004

Die britisch-kalifornische Start-up-Firma Transitive hat nach eigenen Angaben eine Virtualisierungssoftware entwickelt, die das Ablaufen von Anwendungen auf unterschiedlichen Architekturen ohne Portierung der Applikationen und ohne merklichen Performance-Schwund ermöglicht.

CEO Bob Wiederholt erklärte, mit "QuickTransit" könne beispielsweise die nächste Generation der Microsoft-Konsole "Xbox" Software der ersten Xbox-Generation auf Intel-Basis abspielen. Die neue Xbox verwendet einen PowerPC-Prozessor ähnlioch dem des Power Mac von Apple. In einer Demonstration vor Presse und Analysten ließ Transitive außerdem die Linux-Ausführung des grafikhungrigen Computerspiels "Quake III" auf einem PowerBook von Apple laufen.

"Einer unserer wichtigsten Durchbrüche ist die Leistung", erklärte Wiederholt. "Sie sehen keinen Unterschied zwischen einer übersetzten und einer nativen Anwendung." QuickTransit wurde in Versionen für x86, Opteron, Itanium und Power(PC) angekündigt. Zunächst nimmt Transitive den lukrativeren Server-Markt ins Visier, möchte später aber auch PCs und Consumer Electronics adressieren. Sechs Kunden, allesamt PC-Hersteller, will die Company bereits gewonnen haben, der erste soll noch in diesem Jahr bekannt gemacht werden.

Die Software unterstützt laut Anbieter beschleunigte 3D-Grafik und erreicht bei nicht-nativen Programmen auf dem Hauptprozessor etwa 80 Prozent der Rechenleistung des ursprünglichen Zielsystems. Für den Benutzer arbeitet QuickTransit transparent und wird automatisch aktiv, sobald ein Fremdprogramm gestartet wird. Im Speicher belegt es 500 KB, für größere Server-Anwendungen werden nochmals 10 bis 30 MB RAM benötigt.

Der Online-Dienst "Wired News" zitiert den Analysten Alan Turley, dem eine Demo des Linux-Bildbearbeitungsprogramms "GIMP" auf einem Windows-Notebook vorgeführt wurde. "Es gab keinen Leistungseinbruch", berichtet Turley. "Das Ganze lief vollkommen normal, die Antwortzeiten waren wirklich schnell." Zwar gebe es schon erfolgreiche Emulationsversuche mit beschränktem Fokus - Apples Umstieg auf die PowerPC-Plattform oder Transmetas "Codemorphing" der x86-Architektur -, doch sei es bislang niemanden gelungen, einen Emulator für mehrere Prozessoren und Betriebssysteme zu schaffen. "Je mehr man darüber weiß und sich mit Technik auskennt, desto bemerkenswerter wird dies", so Turley weiter.

QuickTransit wurde ursprünglich seit 1995 vom Informatikprofessor Alasdair Rawsthorne an der Manchester University ersonnen. Rawsthorne ist heute Chief Technology Officer bei Transitive. Sein Werkzeug unterstützt in beliebigen Programmiersprache geschriebene Anwendungen und ist modular aufgebaut. Die Software verwendet eine "Zwischendarstellung" (Intermediate Representation), um von einer Plattform zur anderen zu übersetzen, und bearbeitet dabei Codeblöcke und nicht nur einzelne Zeilen. Überdies werden die meistverwendeten Code-Teile identifiziert und gecacht.

"Anstatt an jedem Code-Stückchen zu arbeiten, übersetzt QuickTransit immer ganze Sätze oder Absätze. So bekommen wir die Leistung", erklärte Chefentwickler Frank Weidel. In vielen Fällen liefen übersetzte Anwendungen sogar schneller als auf der Plattform, für die sie eigentlich geschrieben wurden, weil neuere Hardware inzwischen deutlich mehr leiste. "Nur der Power-User bemerkt vielleicht einen kleinen Unterschied, die restlichen 95 Prozent werden nichts feststellen", ist auch Analyst Rob Enderle von der Enderle Group überzeugt. (tc)