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"SCO verletzt die GPL"

08.08.2003
In seiner Gegenklage gegen SCO argumentiert IBM, SCO habe selbst jahrelang Linux unter GPL vertrieben und die Open-Source-Lizenz nun mannigfaltig verletzt. Außerdem verstießen aktuelle SCO-Produkte gegen vier Patente von Big Blue.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mittlerweile sind die Details von IBMs Gegenklage gegen die SCO Group (Computerwoche online berichtete) bekannt: Big Blue argumentiert, SCO habe ja selbst in der Vergangenheit Linux unter der GNU General Public License (GPL) angeboten und damit sowohl diese verletzt als auch sein Recht verwirkt, proprietäre Rechte an dem quelloffenen Betriebssystem für sich zu reklamieren und einzuklagen. Ähnlich hatten zuvor auch die Free Software Foundation (FSF), die Suse Linux AG und der Linuxtag e.V. gefolgert.

"Unsere Gegenklage ergibt sich aus den Bestrebungen von SCO, fälschlich proprietäre Rechte an wichtiger, weithin verwendeter Technik geltend zu machen und die Nutzung dieser Technik durch die Open-Source-Gemeinschaft zu verhindern", heißt es in der 45-seitigen Beschwerde von IBM. "SCO hat seine angeblichen Rechte am anfänglich von den Bell Laboratories, damals ein Forschungs- und Entwicklungsarm von AT&T, entwickelten Betriebssystem Unix missbraucht, um mit der Zerstörung der konkurrierenden Betriebssysteme AIX und Linux zu drohen sowie daraus zu seiner unrechtmäßigen Bereicherung Zufallsgewinne herauszuholen, und missbraucht sie noch immer."

Außerdem verstoße SCO gegen vier Patente von IBM und soll dafür nicht näher bezifferten Schadenersatz zahlen. Konkret geht es um "Unixware", "Open Server", "SCO Manager" und "Reliant HA". Diese verletzten IBM-Rechte unter anderem im Bereich Datenkompression, Menüstrukturen in Benutzeroberflächen, Überprüfung elektronisch gelieferter Datenobjekte sowie Monitoring von Subsystemen in verteilten/geclusterten Systemen. IBM fordert deswegen, dass SCO die genannten Produkte künftig nicht mehr weiter entwickeln und vertreiben darf.

SCO habe darüber hinaus auch kein Recht dazu, IBM die Unix-Lizenz für AIX zu entziehen. Diese sei von Novell, dem früheren Inhaber des Unix-Copyrights, erworben worden und vertraglich als "fortwährend und unwiderrufbar" abgesichert, was IBM durch Briefe von Novell an SCO vom Juni dieses Jahres belegen will (aus denen übrigens auch hervorgeht, dass IBM für seine Lizenz seinerzeit 10,125 Millionen Dollar zahlte).

Last but not least erklärten die Armonker beim Bezirksgericht in Salt Lake City, Utah, wo auch SCO seine Klage eingereicht hatte, SCO habe gegen Gesetze verstoßen, die die Einmischung in Kundenbeziehungen eines Konkurrenten untersagen. Die von SCO erhobenen Vorwürfe, IBM habe Copyright-geschützten Unix-Code aus AIX entnommen und an die Linux-Community weitergegeben, wies der Konzern zurück und forderte eine Abweisung der SCO-Klage.

SCOs Vorgängerfirma Caldera International und später auch SCO selbst hätten Linux seit 1994 unter der in der Open-Source-Welt populären GPL angeboten, schreibt IBM. Die in den 80er Jahren von Richard Stallman für sein freies Unix-Derivat "GNU" (GNU is Not Unix) entworfene GPL verlangt, dass wer darunter vertriebene Software modifiziert und verkauft oder verteilt, diese Modifikationen ebenfalls wieder öffentlich machen muss.

SCO erklärte in einer ersten Stellungnahme zu IBMs Widerklage, es werde mit seinem Prozess und auch dem Bestreben fortfahren, von kommerziellen Linux-Anwendern Lizenzgebühren einzutreiben. SCO-Sprecher Blake Stowell erklärte, die GPL hindere SCO nicht daran, gegen Urheberrechtsverletzungen vorzugehen, die durch von Dritten beigesteuerten Code entstanden seien. (tc)