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Red Hat will SCO zum Schweigen bringen

05.08.2003
Mit Red Hat zieht der erste Linux-Distributor juristisch gegen SCO zu Felde. Die Kalifornier wollen sich unter anderem verbriefen lassen, dass ihre Software nicht gegen Unix-Copyright verstößt.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Der in den USA marktführende Linux-Distributor Red Hat hat vor einem Bundesgericht in Delaware Klage gegen die SCO Group eingereicht und will sich vom Gericht bestätigen lassen, dass seine Software nicht gegen Copyrights oder Firmengeheimnisse von SCO verstößt.

Red Hat hat außerdem einen mit einer Million Dollar dotierten "Open Source Now Fund" eingerichtet, auf den andere Linux- und Open-Source-Entwickler und -Distributoren bei Klagen gegen SCO zurückgreifen können. Es handelt sich um die erste offizielle Reaktion eines Linux-Anbieters auf SCOs Versuch, kommerzielle Linux-Nutzer mit Lizenzgebühren in möglicher Milliarden-Dollar-Höhe zur Kasse zu bitten.

Die in Lindon, Utah, ansässige und früher unter Caldera International firmierende SCO Group hatte im vergangenen März die Linux-Gemeinde mit einer Klage gegen IBM augeschreckt. Big Blue soll Firmegeheimnisse von SCO an die Linux-Community weitergegeben und ein gemeinsames Entwicklungsabkommen gebrochen haben. Im vergangenen Monat kündigte SCO dann an, es wolle Lizenzgebühren von Unternehmen verlangen, die Linux einsetzen.

Red Hat tauchte bis dato in SCOs Rechtsstreit nicht namentlich auf. CEO Matthew Szulik erklärte jedoch, die Klage seiner Firma sei eine Reaktion auf öffentliche Äußerungen von SCO bezüglich Red Hats Linux-Nutzung. Im Besonderen gehe es dabei um ein Briefing von SCO für institutionelle Anleger am 22. Juli. Dort habe SCO "irreführende" Kommentare über mögliche Urheberrechtsverstöße von Red Hat abgegeben.

Auf ein Schreiben vom 18. Juli mit der Bitte, SCO möge die Grundlage seiner Forderungen erläutern, habe Red Hat als Antwort lediglich einen Telefonanruf mit der Aufforderung erhalten, eine aus seiner Sicht unnötige Unix-Lizenz zu erwerben. "Wir waren geduldig. Wir haben zugehört. Aber wenn jetzt unsere Kunden, die gesamte Open-Source-Community und unsere Anleger mit diesen haltlosen Anschuldigungen bedroht werden, dann ist es Zeit zu handeln", so Szulik.

Auf einer Pressekonferenz im Rahmen der Linuxworld in San Francisco erklärte Szulik, SCOs Behauptungen stellten "eine substanzielle Bedrohung für Open Source" dar. Einige Kunden hätten geplante Anschaffungen verschoben oder gekippt. Red Hat fordert darum eine einstweilige Verfügung gegen SCO und in der Folge möglichen Schadenersatz wegen irreführender Werbung und Handelspraktiken.

In einem Brief an Szulik zeigte sich SCO-Chef Darl McBride von Red Hats Klage überrascht. SCOs Antwort werde "wahrscheinlich Gegenbehauptungen bezüglich Copyright-Verletzung und Verschwörung" beinhalten, drohte der CEO. In einer begleitenden Pressemitteilung von SCO hieß es, die Bemühungen des Unternehmens dienten dazu, Anwender hinsichtlich der "Risiken beim Einsatz eines Betriebssystems, das ein unautorisitiertes Unix-Derivat darstellt und keine Garantie oder Schadloshaltung beinhaltet" zu verwarnen.

Red Hat will SCO nun zwingen, die Teile von Linux zu spezifieren, die angeblich sein Copyright and Unix verletzen. SCO hat einige Codeteile bereits Dritten im Rahmen einer Stillschweigevereinbarung gezeigt, Red Hat hatte bislang keine Einsicht und konnte die Ansprüche daher auch nicht verifizieren. Red Hat erklärte, es wolle aber nicht seine Kunden seine Kunden gegen juristische Aktionen von SCO absichern.

Mit IBM hatte SCO vor Einreichung seiner Klage übrigens keine Rücksprache genommen, wie eine Sprecherin von Big Blue erklärte. Zwischenzeitlich hatte Novell die Rechte an Unix inne, diese dann aber 1995 an SCO verkauft. Die Netware-Firma hatte nach SCOs Klage gegen IBM zunächst behauptet, das Copyright sei dabei nicht mit an SCO übergegangen. SCO präsentierte dann aber einen 1996er Zusatz zum Kaufvertrag, der offenbar das Copyright doch mit einschloss. Novells CTO Alan Nugent erklärte, es gebe gegenwärtig "keine sonnenklare Antwort" auf die Intellectual-Property-Fragen rund um Linux. Red Hats Klage wollte er nicht kommentieren.

Dem Vernehmen nach bereitet auch die Lobby-Organisation Linux International eine Klage gegen SCO vor. Ihr Vorsitzender Jon "Maddog" Hall soll sich an die Gruppe "Chicago-7" mit der Bitte um finanzielle Unterstützung eines Gerichtsverfahrens gewandt haben. Die Gruppe hat ihre Bezeichnung nach dem Ort einer Linux-Strategiekonferenz von Computer Associates, Dell, Hewlett-Packard, IBM, Intel, Novell und Oracle. Auch die Linux-Community diskutiert die Möglichkeit einer Gemeinschaftsklage (class action lawsuit) gegen SCO. Eine Stellungnahme von Suse war bisher nicht zu erhalten.(tc/ls)