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Novell kauft Ximian

05.08.2003
Mit der Übernahme des Linux-Desktop-Spezialisten Ximian will Novell seine Open-Source-Strategie zementieren. Damit könnte die Channel-starke Netware-Firma wieder ein Konkurrent für Microsoft werden.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit der Übernahme von Ximian will Novell seine Open-Source-Strategie für sein Netzbetriebssystem Netware und für Desktop-PCs ausbauen. Im Rahmen des gestern angekündigten Deals wird Ximian umbenannt in Novell Ximian Services. Management, die rund 70-köpfige Belegschaft sowie die aktuellen Produktlinien und Projekte bleiben aber intakt. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

Zur Ximian-Chefetage gehören Open-Source-Berühmtheiten wie Miguel de Icaza, der 1997 das GNOME-Projekt ins Leben gerufen hatte. Sun verwendet die Oberfläche inzwischen als Interface für sein kommerzielles Unix. Zu den Produkten von Ximian gehören der Desktop "XD2", die E-Mail- und Collaboration-Software "Evolution" sowie ein passender "Connector", der Evolution in einen Client für Microsoft Exchange verwandelt. Ximian entwickelt mit "Project Mono" außerdem eine plattformübergreifende Open-Source-Implementierung von Microsofts ".Net".

Ximians Groupware-Client "Evolution" lässt sich über einen Connector in einen vollwertigen Exchange-Client verwandeln.
Ximians Groupware-Client "Evolution" lässt sich über einen Connector in einen vollwertigen Exchange-Client verwandeln.

"Kunden habe noch immer zwei Probleme: Wie verwaltet und wartet man Linux-Systeme kosteneffektiv, und wie bringt man preisgünstige Linux-Desktops im Unternehmen aus und supportet sie? Wir glauben, dass wir für beides führende Lösungen anbieten können", erklärte Novell-Chef Jack Messman. "Mindestens ebenso wichtig ist, dass Ximian uns Linux-Expertise bringt und unsere Möglichkeiten verbessert, mit Open-Source-Initiativen konstruktiver zusammenzuarbeiten." "Für die Open-Source-Community ist es ein großer Schritt vorwärts, Unterstützung durch eine Firma wie Novell zu bekommen", erklärte Miguel de Icaza. "Initiativen wie GNOME und Mono können mit Novells Ressourcen im Hintergrund nur besser werden."

Novell erklärte gegenüber "Computerwire", Ximian solle nicht in das sonstige Firmenmodell integriert werden. "Es geht darum, Ximians Open-Source-Erfahrung zu nutzen, damit wir ein effektiverer Open-Source-Player werden", sagte ein Firmensprecher. Novell entwickelt gegenwärtig seine eigene Linux-Strategie und dabei in bestimmten Bereichen bereits mit Ximian kooperiert. Dabei ging es unter anderem um eine Verbindung zwischen Evolution und "Groupwise" sowie eine mögliche Integration von Ximians Update- und Download-Service für Unternehmen "Red Carpet" mit "ZENworks".

Um diese Projekte kann sich Ximian nach der Übernahme nun intensiver kümmern, gleichzeitig erhält Novell den bislang fehlenden Linux-Desktop und Expertise bei der Entwicklung eines Linux-Kernels samt passender Services für Netware. Ximians Technikchef (CTO = Chief Technology Officer) de Icaza erklärte, als Tochterunternehmen von Novell könne seine Firma besser expandieren, indem es auf Novells weltweiten Vertriebskanal zurückgreifen könne. "Kleine Firmen haben es nicht leicht, in den Channel zu kommen. Novell ist da sehr breit aufgestellt - das ist klasse."

De Icaza, der auch bei Novell Ximian Services weiter als CTO fungieren wird, erwartet außerdem, dass die Übernahme durch Novell Kritiker verstummen lassen wird, die bis dato an Ximians langfristiger Zukunft gezweifelt hatten. "CIOs sagen, zwar seien unsere Produkte fantastisch, aber fragen, ob es uns auch in fünf Jahren noch gibt. Novell bringt da jeder Beziehung eine Menge Solidität", so de Icaza. (tc)