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Microsoft steigt ins Antivirusgeschäft ein

11.06.2003

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Microsoft hat gestern bislang nicht in direktem Wettbewerb zum Redmonder Riesen stehende Anbieter von Antivirus-Software mit der Nachricht aufgeschreckt, es werde das geistige Eigentum der kleinen rumänischen Firma GeCAD Software aus Bukarest für eine nicht genannte Summe und auch einige von deren Mitarbeitern übernehmen. GeCADs Produkte ("RAV Antivirus") will Microsoft allerdings nicht weiterentwickeln. Der Deal bedarf noch der Zustimmung der Aufsichtsbehörden.

Erklärtes Ziel der Gates-Firma ist es, die Sicherheit ihrer Windows-Betriebssysteme zu erhöhen und einen kostenpflichten Abonnement-Service für Antivirus-Software zu entwickeln. Wann dieser verfügbar sein soll und ob er möglicherweise mit Windows gebundelt wird, ist noch nicht bekannt. Vor gut einem Jahr hatte Firmengründer Bill Gates die Initiative "Trustworthy Computing" ausgerufen, um Microsofts Produkte sicherer zu machen als bislang gewohnt.

Aus dem Markt für Security-Tools hatte sich Microsoft bislang weitgehend herausgehalten. Im Antivirus-Segment tummeln sich derzeit zahlreiche größere und kleinere Anbieter. Microsofts Produkte sind aufgrund ihrer großen Verbreitung und Sicherheitsprobleme häufigstes Ziel von Virusprogrammierern. Deswegen betrachten manche Branchenplayer den Konzern nicht unbedingt als objektivste Quelle für Informationen und Hilfestellung.

"Unternehmenskunden wollen wirklich Sicherheitssoftware von einem Hersteller, der nicht in einem Interessenkonflikt steckt", erklärte etwa Gregor Freund, Chef des Firewall-Spezialisten Zonelabs. Michael Rasmussen von Forrester Research bezeichnete Microsofts Vorhaben, von Kunden für mehr Sicherheit zusätzliches Geld zu verlangen, als "mafiös". "Die Welt will nicht Microsoft als Security-Anbieter, sie will, dass Microsoft sichere Produkte liefert", sagte der Analyst.

Microsoft betonte, es werde auch zukünftig wie gehabt mit andere Antivirus-Anbietern und Partnern zusammenarbeiten; Kunden hätten auch weiterhin die freie Wahl zwischen verschiedenen Herstellern. Die Übernahme von GeCAD werde Microsoft dabei helfen, Wissen und Erfahrungen zu sammeln, um die eigene Software zu verbessern und gleichzeitig für andere Anbieter "die Risiken durch diese Bedrohungen zu vermindern". "Unser Schwerpunkt liegt absolut darauf, sicher zu stellen, dass unsere Kunden sichere Computing-Umgebungen haben", erklärte Senior Vice President Mike Nash. "Ich würde immer wollen, dass ein Kunde das Antivirus-Produkt seiner Wahl nutzt."

Erst im vergangenen Monat hatte sich Microsoft mit NAI und Trend Micro zur "Virus Information Alliance" zusammengetan, um seine Kunden aktueller über Bedrohungen für seine Produkte informieren zu können. Große Wettbewerber wie Symantec, Network Associates, Trend Micro, Computer Associates oder Sophos äußerten sich allgemein wenig beeindruckt von Microsofts Markteinstieg. Sie bieten zumeist ein breiteres Portfolio mit ergänzenden Produkten und Dienstleistungen wie Intrusion Detection, Firewall und Security Management an und werten die GeCAD-Übernahme eher als Eingeständnis, das Virenbekämpfung ein wichtiger Teil von IT-Sicherheit ist.

Der weltweite Markt für Antivirus-Software hatte im Jahr 2001 laut Gartner ein Volumen von 1,1 Milliarden Dollar und soll mit einer gemittelten jährlichen Zuwachsrate von elf Prozent bis 2006 auf 1,8 Milliarden Dollar anwachsen. (tc)