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Napster was here

04.09.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Nachdem ein US-Konkursgericht den Verkauf der Musiktauschbörse Napster an den Medienkonzern Bertelsmann untersagt hat, steht das insolvente Unternehmen aus Redwood City, Kalifornien, vor dem Aus. Einem Bericht des "Wallstreet Journal" zufolge sind die meisten der übriggebliebenen 42 Angestellten bereits freigestellt worden. Napster plant nun, in den nächsten ein bis zwei Tagen die Auflösung nach Chapter 7 des US-Insolvenzrechtes zu beantragen. Auf der Website steht seit gestern nur noch : Napster was here.

Als Begründung der Entscheidung führte Richter Peter Walsh an, Napster-CEO Konrad Hilbers hätte bei dem geplanten Verkauf primär die Interessen seines früheren Arbeitgebers Bertelsmann verfolgt. Als Beweis zitierte Walsh den ehemaligen BMG-Manager in einer E-Mail an den Gütersloher Medienkonzern: Darin erklärte Hilbers, er hätte stets seine Entscheidungen danach ausgerichtet, was das Beste für Bertelsmann sei. Der Medienkonzern wollte die Vermögenswerte von Napster für neun Millionen Dollar übernehmen und auf die Rückzahlung von Krediten im Gesamtwert von 83 Millionen Dollar verzichten. Damit waren die als Kläger auftretenden Musik-Produzenten und Platten-Labels jedoch nicht einverstanden. Ihrer Ansicht nach sei die gebotene Summe kein fairer Preis.

Aber auch bei einer Zusage des Gerichts wäre der Fortbestand von Napster unsicher gewesen. Die Gütersloher stellen nach dem Weggang von CEO Thomas Middelhoff und Direct-Group-Chef Klaus Eierhoff alle Internet-Aktivitäten auf den Prüfstand. Presseberichten zufolge ist etwa geplant, den defizitären Internet-Buchhandel Bol.com und die Beteiligung an Barnesandnoble.com zu verkaufen (Computerwoche online berichtete). Informierte Kreise rechneten daher damit, dass Bertelsmann die Musiktauschbörse nach Übernahme nicht mehr unterstützt, eingestellt oder in einen anderen Unternehmensbereich eingegliedert hätte.

Während Napster-CEO Konrad Hilbers seine Enttäuschung über die Entscheidung des Gerichts verkündete, nahm Bertelsmann das Urteil billigend zur Kenntnis und erklärte, der Kauf werde damit nicht weiter verfolgt. Napster hatte im Juni diesen Jahres Antrag auf Gläubigerschutz nach Chapter 11 gestellt. Zuvor sah sich das Unternehmen monatelangen Lizenzrechtstreitigkeiten mit den Plattenlabels ausgesetzt. Der ehemalige Bertelsmann-CEO Middelhoff arbeitete seit geraumer Zeit daran, Napster in einen legalen Bezahldienst umzuwandeln und investierte dabei rund 90 Millionen Dollar. Nachdem Middelhoff den Konzern verlassen hatte, nahmen die Gütersloher einen Strategiewechsel vor. (mb)