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Telekom sucht Ausweg aus der Kabelklemme

02.08.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Die Deutsche Telekom will sich offenbar nicht damit abfinden, ihre sechs regionalen TV-Kabelgesellschaften zu einem Schnäppchenpreis abzugeben. Laut "Financial Times Deutschland" liegen die bislang abgegebenen Angebote der fünf interessierten Konsortien zwischen insgesamt zwei bis drei Milliarden Euro. Da der Bonner TK-Konzern die Erlöse aus dem TV-Kabelverkauf für den Abbau des Schuldenbergs braucht, will die Telekom nun den Wert der Objekte steigern. Einem Bericht der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" zufolge erwägt das Unternehmen, die Kabelgebühren um bis zu zehn Prozent zu erhöhen und rund 600 der insgesamt etwa 2300 Arbeitsplätze in diesem Bereich zu streichen. Nach eigenen Berechnungen ließe sich so das Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (EBITDA) um rund die Hälfte auf 450 Millionen Euro jährlich steigern, schreibt die "FAZ" in ihrer Freitagsausgabe.

Dadurch soll der Verkaufswert auf rund 4,5 Milliarden Euro ansteigen.

Im Frühjahr wollte der US-Medienkonzern Liberty Media noch rund 5,5 Milliarden Euro zahlen, die Übernahme scheiterte jedoch an einem Veto des Bundeskartellamts. Auch bei der laufenden Bieterrunde wurde Liberty-Chef John Malone als möglicher Interessent gehandelt (Computerwoche online berichtete). Inzwischen will die "Financial Times Deutschland" jedoch aus Branchenkreisen erfahren haben, dass das US-Unternehmen nicht dem Kreis der fünf Interessenten angehört.

Möglicher Grund ist die Übernahme der niederländischen TV-Kabelgesellschaft Casema. Wie die France-Télécom-Tochter bekannt gab, kauft Liberty Media das Unternehmen für 750 Millionen Euro, die Akquisition soll bis Ende Oktober abgeschlossen werden. Voraussetzung ist jedoch auch hier das Placet der staatlichen Regulierungsbehörde: Der US-Konzern ist indirekt mit rund 53 Prozent an dem niederländischen TV-Kabelnetzbetreiber United Pan Europe Communications beteiligt, dem Marktführer mit rund 2,3 Millionen Abonnenten. Casema wiederum zählte zum Jahreswechsel rund 1,3 Millionen Kunden.

Ähnlich wie die Telekom belastet France Télécom ein hoher Schuldenberg. Um die Verbindlichkeiten bis Ende 2003 von derzeit über 60 Milliarden Euro um rund 13 Milliarden Euro senken, will der ehemalige Staatskonzern eine Reihe von Unternehmensteilen verkaufen, die nicht zum Kerngeschäft zählen. (mb)