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Partner: Apple soll OS X stärker pushen

15.07.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Statt Windows-Anwender mit Millionen Dollar teuren Kampagnen (Computerwoche online berichtete) zum Wechsel auf die Macintosh-Plattform zu überreden, sollte Apple aus Sicht vieler Softwarepartner lieber die eigenen Bestandskunden zum Umstieg auf sein neues Betriebssystem Mac OS X motivieren. Als das Unix-basierte System im März 2001 offiziell vorgestellt wurde, bezeichnete CEO (Chief Executive Officer) Steve Jobs es als "Basis für die nächste zehn Jahre" und forderte die Entwickler auf, die neue Plattform mit Anwendungen zu beschicken.

In der Tat sind inzwischen rund 4000 Programme für OS X verfügbar. Trotzdem sind nach Schätzungen von Apple erst 2,5 Millionen Mac-Nutzer und damit ein Zehntel der insgesamt 25 Millionen Apple-Anwender auf OS Ten umgestiegen. Das ärgert zum Beispiel Microsoft, das von seiner Bürosuite "Office:mac v. X" seit deren Einführung im vergangenen November bis dato erst rund 300.000 Stück verkauft hat und damit hinter seinem Ziel (750.000 Kopien im ersten Jahr) zurückliegt.

Microsoft gibt Apple die Schuld. "Es gab keine konzertierte Aktion um OS X zu promoten, obwohl die Gelegenheit günstig und wir dazu bereit wären", klagt Kevin Browne, Chef der Macintosh Business Unit. Laut "Wall Street Journal" wird seine Abteilung zwar im kommenden Jahr auf jeden Fall noch eine neue Office-Version abliefern, danach aber "sei das schwer abzusehen. Wenn sich die Situation nicht entscheidend verändert, werden wir dieses Geschäft mit Apple überdenken." Beide Unternehmen sind durch ein fünfjähriges Übereinkommen aneinander gekettet, das im August ausläuft. In Krisenzeiten hatte der Gates-Konzern in Apple investiert und die Weiterentwicklung von Mac-Office zugesichert; Apple hatte im Gegenzug die Internet-Software von Microsoft auf seinen Rechnern installiert.

Auch Corel, das im vergangenen Jahr allein sieben verschiedene Applikationen für OS X auf den Markt brachte, ist mit Apples Engagement nicht zufrieden. "Das sah nach einer tollen Chance aus", meint Marketing-Chefin Annette McCleave. Als Feedback habe man aber bisher vor allem mitbekommen, dass "viele Leute noch nicht auf OS X umgestiegen sind". Apple habe, darauf angesprochen, kaum reagiert.

Phil Schiller, Apples Senior Vice President für das weltweite Produkt-Marketing, sieht das Unternehmen voll im Plan und hält vor allem Microsofts Besorgnis um die Fortschritte von OS X für "sehr, sehr deplatziert". Die meisten Softwarepartner seien mit dem Absatz des neuen Betriebssystems sehr zufrieden. Microsoft solle sich einmal an die eigene Nase fassen, wenn es um mangelnden Erfolg von Office v. X gehe. Da sei zum Beispiel der Preis - mit 499 Dollar aus seiner Sicht zu hoch.

Schiller geht davon aus, dass bis Ende dieses Jahres fünf Millionen Nutzer Mac OS X verwenden werden. "Wir liegen damit genau an der Spitze unserer Erwartung", so der Apple-Mann. Zumindest Adobe Systems, einer der größten Mac-Softwareanbieter, kann nicht klagen - 31 Prozent seiner gesamten Einnahmen stammten im zweiten Quartal aus Macintosh-Produkten nach 27 Prozent in Q1. Allerdings laufen die carbonisierten Anwendungen von Adobe (anders als etwa Microsofts Office) sowohl unter OS X als auch unter dem klassischen Mac OS 8/9. (tc)