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Nie wieder Napster?

15.05.2002

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Wer sich im Stillen noch Hoffnung auf ein Comeback des Fileswapping-Pioniers Napster gemacht hat, muss diese wohl endgültig fahren lassen: CEO (Chief Executive Officer) Konrad Hilbers und Generaljustiziar Jonathan Schwartz sind zurückgetreten, nachdem Verhandlungen über eine vollständige Übernahme durch Bertelsmann gescheitert waren. Auch Firmengründer Shawn Fanning soll einem Bericht des "Wall Street Journal" zufolge sein Amt als CTO (Chief Technology Officer) niedergelegt haben; Letzteres wurde aber bisher nicht offiziell bestätigt. Das Blatt schreibt weiter unter Berufung auf Insider, Napster werde wahrscheinlich Gläubigerschutz beantragen.

Der Versuch, Napster in einen Abonnement-basierten und legalen Dienst zu verwandeln, ist damit wohl endgültig gescheitert. "Wir bedauern zutiefst, dass es uns nicht gelungen ist, eine Finanzierungsmöglichkeit zu finden, die es Napster gestattet hätte einen Service zu starten, von dem Künstler und Verbraucher gleichermaßen hätten profitieren können", heißt es in einer Stellungnahme des im kalifornischen Redwood City ansässigen Unternehmens. "Wir werden in den kommenden Wochen weitere Schritte einleiten, um die Kosten zu senken."

Hilbers hatte in einem E-Mail an die Belegschaft am Dienstagmorgen erklärt, er habe eine Übereinkunft mit "einem anderen Unternehmen" (Bertelsmann wurde nicht namentlich erwähnt) erzielt, die den Fortbestand von Napster langfristig gesichert hätte. Der Verwaltungsrat habe sich jedoch dagegen entschieden. "Ich bin überzeugt, dass diese Entscheidung falsch ist und die Firma in eine Richtung führt, in die ich sie nicht führen will", begründete Hilbers seinen Rücktritt.

In einer Stellungnahme von Bertelsmann heißt es: "Wir bedauern, dass die Anleger von Napster keine Einigung über das Angebot von Bertelsmann erzielen konnten. Wir glauben aber weiterhin an den Wert der Peer-to-peer-Technik." Der Gütersloher Medienriese hat inzwischen über 85 Millionen Dollar in Napster investiert. Insidern zufolge scheiterten die Übernahmeverhandlungen unter anderem am Veto der Risikokapitalfirma Hummer Winblad, die zwei Sitze im Napster-Board innehat. Diese hatte eine Garantie gefordert, dass ihr aus dem anhängigen Prozess großer Plattenfirmen gegen Napster keine Forderungen entstehen würden. Eine solche habe Bertelsmann jedoch nicht gewähren können. (tc)