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Kritik wegen HPs Geschäftsbeziehungen zu ISS

08.04.2002
Neue Dimension im Streit um die Fusion zwischen HP und Compaq: Inzwischen tauchten Informationen auf, nach denen HP mit einem Finanzier der einflussreichen Investmentberatungsfirma ISS Geschäftsbeziehungen pflegt.

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Neue Dimension im Streit um die Fusion zwischen Hewlett-Packard (HP) und Compaq: Anlässlich seiner Klageerhebung vor einem Kanzleigericht in Delaware hat Walter Hewlett zu Protokoll gegeben, HP habe einen Großaktionär durch ein großzügiges Kreditabkommen ermuntert, für die Fusion zu stimmen. Zudem tauchten Informationen auf, nach denen HP mit einem Finanzier der einflussreichen Investmentberatungsfirma Institutional Shareholder Services Inc. (ISS) Geschäftsbeziehungen pflegt.

Mit seiner Klageerhebung will Hewlett erreichen, dass das Fusionsvorhaben für gescheitert erklärt oder zumindest eine neue HP-Aktionärsversammlung einberufen wird. Diese soll dann noch einmal über den geplanten Firmenzusammenschluss abstimmen. Der Sohn von HP-Firmengründer William Hewlett wirft dem Unternehmen in seiner Klage vor, es habe in unzulässiger Weise das Abstimmungsverhalten von HP-Aktionären beeinflusst. Insbesondere die Deutsche Asset Management nimmt Hewlett auf‘s Korn: Diese habe ihre rund 25 Millionen Aktien vor der Abstimmung komplett gegen die Fusion gesetzt. Am Morgen des Hauptaktionärsvotums habe die Deutsche-Bank-Tochter dann aber ihre Stimme hälftig für und gegen den Firmenzusammenschluss abgegeben. Hewlett behauptet jetzt, HP habe dem Großaktionär Deutsche Asset Management eine Zustimmung zur Fusion schmackhaft machen wollen, indem noch wenige Tage vor dem Votum mit dem Institut "ein Kreditabkommen über mehrere

Milliarden Dollar geschlossen worden sei“, schreibt das "Handelsblatt“.

Außerdem wurden neue Anschuldigungen gegen HP publik: Bill Parish, ein Investmentberater von Parish & Company aus Portland, Oregon, hat die US-Börsenaufsicht Securities and Exchange Commission (SEC) aufgefordert, Untersuchungen über die Aktionärsabstimmung am 19. März anzustellen. Parish sagt, HP hätte Geschäftsbeziehungen aufdecken müssen, die zwischen HP und der Wagniskapitalfirma Warburg Pincus LLC bestehen.

Diese Beziehungen gewinnen wegen eines anderen Umstands an Bedeutung: Warburg hatte beim Kauf von ISS durch das Unternehmen Proxy Monitor 26,1 Millionen Dollar zugeschossen. ISS ist ein Fondsverwalter, der verschiedene HP-Großaktionäre unter seinem Dach vereinigt und der diesen Anteilseignern geraten hatte, für die Fusion zu stimmen. Proxy Monitor wiederum ist ein New Yorker Unternehmen, das für Aktionäre Stimmrechte wahrnimmt und das für den Kauf von ISS von der ebenfalls in New York beheimateten Thomas Financial 45 Millionen Dollar zahlte. Warburg ist somit über seine finanzielle Einlage direkt am seinerzeitigen Kauf von ISS beteiligt.

Zudem halten nach einem SEC-Bericht die Warburg-Partner Pat Hackett, Mark Colodny und Sidney Lapidus drei der acht Sitz im ISS-Direktoren-Board. Das ISS hatte vor der HP-Aktionärsversammlung den unter dem ISS-Dach vereinten Inverstmentfondvertretern empfohlen, für die Fusion zu stimmen.

Nach den jetzt bekannt gewordenen Informationen haben Warburg und HP sich gemeinsam an verschiedenen Firmen beteiligt. Hierzu gehört die in Santa Clara beheimatete Softwarefirma Webgain Inc.. An diesem Unternehmen ist Warburg mit zehn Millionen und HP mit 62,5 Millionen Dollar beteiligt. Auch an BEA Systems Inc. hat sich Warburg Pincus LLC beteiligt. HP investierte in den vergangenen drei Jahren rund 100 Millionen Dollar in den Anbieter von Application-Server-Software. Warburg engagierte sich zudem mit 25 Millionen Dollar an der Dubliner Firma Eontec , einem Entwickler von Java-basierter Bankensoftware. Partner von Eontec wiederum sind HP und Bea. HP bezeichnet in einer Anzeige auf seiner Web-Seite ISS als "den in den USA führenden unabhängigen Stimmrechtsdienstleister“.

Investmentberater Parish sagte, gemäß den SEC-Bestimmungen nach dem Fair Disclosure Law hätte HP seinen Aktionären die Geschäftsbeziehungen zu Warburg vor der Abstimmung der Anteilseigner bekannt geben sollen. Diese Meinung wird auch von anderen Experten geteilt. Rob Enderle, Analyst bei der Giga Information Group Inc., sagte, die SEC sollte sich des Problems im Ganzen annehmen und zumindest für die Zukunft Verhaltensrichtlinien zum Schutz von Aktionären erarbeiten. Enderle sagte, die Neuigkeiten über die Beziehungen zwischen ISS und HP seien überraschend gekommen. Er sagte ferner, wenn derartige Informationen nicht im vorhinein bekannt gegeben würden, hätte die nachträgliche Aufdeckung solcher Sachverhalte immer etwas Anrüchiges. Das gelte auch dann, wenn solche Informationen völlig unbeabsichtigt unaufgedeckt geblieben wären.

Finanzanalyst Walter Winnitzki von der First Albany Corp. in New York erklärte, in einer Situation wie der bevorstehenden Fusion von HP und Compaq hätten die Informationen insbesondere auch mit Blick auf das Fair Disclosure Law aufgedeckt werden müssen. Mark Gomes, Finanzanalyst von AMR Research Inc in Boston, blies ins gleiche Horn. Bei einem Firmenzusammenschluss wie dem von HP und Compaq müssten Informationen so offen wie irgend möglich ausgetauscht werden.

Michael Hoffmann, Executive Director am Center for Business Ethics in Waltham, Massachusetts, ist ebenfalls der Ansicht, dass die Informationen über die Geschäftsbeziehungen zwischen HP und Warburg zumindest den ISS-Mitgliedern hätten zugänglich gemacht werden sollen. Dies gelte insbesondere deshalb, weil sich die Anteilseigner auf den ISS-Rat zur Unterstützung der Fusion von Compaq und HP verlassen hätten. Auch Stuart Gilman, President des Ethics Resource Center in Washington sagte, vom ethischen Standpunkt aus sei es problematisch, dass die Informationen nicht veröffentlicht worden seien: "Nachdenkliche Leute könnten bei diesem Vorgang zu dem Schluss kommen, dass die Unabhängigkeit (von ISS, Anm.d.Red.) in Frage gestellt ist.“

Das SEC wollte zu den neuen Informationen keine Stellungnahme abgeben. Auch Warburg Pincus LLC und ISS wollten den Vorgang nicht kommentieren. Von Seiten HPs hieß es, es habe niemals zuvor eine Fusion gegeben, bei der so viele Informationen an die Aktionäre ausgegeben worden seien. Jede Unterstellung, die HP-Anteilseigner seien in die Irre geleitet worden, lägen deshalb neben der Sache. (jm)