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CeBIT: SAP kauft Anwendungssoftware für den Mittelstand zu

13.03.2002
Die SAP AG, Walldorf, hat zur CeBIT eine weltweite Mittelstandsinitiative angekündigt und dafür erstmals eine Anwendungssuite zugekauft.

HANNOVER (COMPUTERWOCHE) - Die SAP AG, Walldorf, hat zur CeBIT eine weltweite Mittelstandsinitiative angekündigt und dafür erstmals eine Anwendungssuite zugekauft. Unter der Bezeichnung "Smart Business Solutions“ sollen maßgeschneiderte Lösungen für kleinere und mittlere Betriebe angeboten werden. SAP hat in diesem Zusammenhang auch eine neue Geschäftseinheit mit der Bezeichnung "BU SMB“ (Business Unit Small and Medium Businesses) geschaffen.

Die Walldorfer weichen mit dieser Ankündigung von ihrem bisherigen Weg ab, sämtliche Produkte ausschließlich auf Mysap.com basieren zu lassen: Mit "Top Manage“ wurde ein für den mittelständischen Bedarf geeignetes Anwendungspaket zugekauft. Es stammt von der israelischen Top Manage Financial Solutions Ltd., deren Firmenwerte die Walldorfer übernommen haben. Top Manage beschäftigt etwa 70 Mitarbeiter und betreut derzeit 800 Kunden mit rund 5000 Arbeitsplätzen. Die Gesellschaft ist vor allem in Südamerika, dem Mittleren Osten sowie in Teilen Osteuropas aktiv.

Laut SAP enthält die Suite eine Reihe von Applikationen speziell für die Belange kleinerer, "vertriebsorientierter Firmen“ - SAP spricht von "advanced SMBs“. Die Software bietet unter anderem Funktionen für Buchhaltung, Bankwesen, Finanz- und Customer-Relationship-Management, Ein- und Verkauf, Logistik und Berichtswesen. Abgerundet wird das Angebot durch Analyse-Tools, die Einblicke in das operative Geschäft einer Organisation geben und Teamarbeit unterstützen sollen. Wie SAP verspricht, ist das Softwarepaket leicht zu bedienen, enthält Funktionen wie etwa Drag & Relate, um Informationen aus verschiedenen Datenquellen auf dem Desktop zusammenzuführen, und erlaubt die enge Integration mit Desktop-Anwendungen. Die Lösung läuft unter Microsofts Windows-Betriebssystemen und bedient sich der Microsoft-Datenbank "SQL Server“.

Angeblich haben Anwender aufgrund der offenen Architektur die Chance, schrittweise in die Mysap.com-Welt hineinzuwachsen. Die Software soll indirekt über Partner vertrieben werden. Den Mittelstand, von dem sich sämtliche Softwarehersteller in naher Zukunft die besten Geschäfte versprechen, will SAP jedoch nicht allein mit der zugekauften Software bedienen. Firmen mit speziellen Anforderungen, SAP spricht von "sophisticated SMBs“, sollen wie bisher zielgruppengerecht zugeschnittene Lösungen auf Basis von Mysap.com von den Vertriebspartnern beziehen können. Diese Unternehmen seien auf Branchenfunktionalität und einen hohen Grad an individueller Anpassung angewiesen. Vertriebspartner konfigurieren diese Lösungen, schneiden sie individuell zu und ergänzen sie gegebenenfalls.

Henning Kagermann
Henning Kagermann

Mit dieser Ankündigung bekräftigt SAP sein Interesse, intensiver in den unteren Mittelstand einzusteigen, den die Walldorfer mit ihrem bisherigen Angebot kaum erreicht haben. Vorstandssprecher Henning Kagermann sagte vor der Presse, man habe jetzt ein Angebot, mit dem SAP auch gegen Wettbewerber wie Navision und die Microsoft-Tochter Great Plains bestehen könne. Außerdem werde SAP mit einer Vielzahl lokal orientierter mittelständischer Softwareschmieden konkurrieren.

Damit stellt sich nicht nur für die weitverzweigte mittelständische Softwareindustrie in Deutschland eine neue Herausforderung, auch mit Microsoft dürfte sich der schwelende Konflikt verstärken. Der Softwareriese aus Redmond hatte erst im vergangenen Jahr Great Plains Software zugekauft, um ebenfalls betriebswirtschaftliche Standardsoftware für kleinere Mittelständler anzubieten.

Entwickler-Kit für .NET und J2EE

Ungeachtet dieses potenziellen Konflikts teilte SAP auf der CeBIT mit, künftig sowohl Microsofts .NET-Framework als auch IBMs "Websphere“-Plattform eng in "Mysap Technology“ integrieren zu wollen. SAP werde Portal-Entwicklungs-Kits und Konnektoren sowohl für Microsofts .NET als auch für J2EE-Applikations-Server anderer Hersteller bereitstellen, damit sich Web-Services in plattformspezifische Umgebungen integrieren lassen. Die Laufzeitumgebung für die plattformunabhängige Web-Dynpro -Technologie soll auf Microsofts .NET zur Verfügung stehen. Ziel sei es, Mysap Technology zum "Rückgrat für die Zusammenarbeit von Unternehmen in heterogenen IT-Umgebungen“ zu machen. Die Technologieplattform der SAP soll die Integration von Anwendungen und Web-Services möglichst vieler Anbieter in einer gemeinsamen und offenen Web-Infrastruktur ermöglichen, heißt es in einer Pressemitteilung. (hv)