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Der Bundestag als "Microsoft-freie" Zone?

29.10.2001
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MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - "Mein Wunsch wäre es, den Bundestag zur Microsoft-freien Zone zu erklären", sagt der Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss. Er halte es nicht für verantwortbar, im Parlament Software einzusetzen, deren Quellcode nicht offen gelegt sei. Nach Informationen der COMPUTERWOCHE müssen spätestens bis Ende 2002 die 5000 PC-Systeme der Bundestagsverwaltung ausgetauscht werden - der Weg für Linux-PCs statt der bisherigen Windows-Ausstattung wäre frei.

Ob es dazu kommt, ist derzeit allerdings noch fraglich: Die Verwaltung scheut noch davor zurück, sich klar zu Open Source zu bekennen, da eine solche Entscheidung Modellcharakter hätte. "Wenn es zum Schwur kommt, überwiegt die Angst vor der eigenen Courage", kritisiert ein Insider das Verhalten einiger Behörden. Vor allem Microsoft selbst betreibe "massives Lobbying". Der Konzern versuche, Ängste zu schüren, etwa mit dem Argument, Open-Source-Software funktioniere in großen Verwaltungen nicht.

Was Lobbying konkret bedeutet, erfuhr der SPD-Bundestagsabgeordnete Hubertus Heil, der sich öffentlich für Open Source ausgesprochen hatte. Während eines Besuchs der Microsoft-Zentrale im US-amerikanischen Redmond wurden ihm zwei "Begleiter" des Konzerns zur Seite gestellt, die ihn "massiv bearbeitet haben", berichtet Fraktionskollege Tauss. Es könne nicht Sache des Staates sein, sich in wirtschaftliche Angelegenheiten einzumischen, erklärten ihm die Microsoft-Ökonomen. Tauss: "Der kam richtig geschockt zurück".