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Informix-Anwender haben viele Alternativen

30.04.2001
Für Informix-Anwender brechen harte Zeiten an. Die Experten sind sich uneins über die Zukunft der Datenbankprodukte, nachdem IBM sie gekauft hat. Big Blue jedoch verspricht Fortführung der Produkte.

CW-Bericht von Martin Ottomeier

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Für Informix-Anwender brechen harte Zeiten an. Die Experten sind sich uneins über die Zukunft der Datenbankprodukte, nachdem IBM sie gekauft hat. Big Blue verspricht allerdings auf der Basis der Arrowhead-Technologie eine Fortführung der Anwendungen.

"IBM wird die Strategie von Informix, die existierenden Informix-Produkte zu unterstützen und zu verbessern, für die absehbare Zukunft fortführen", schreibt IBMs Datenbankchefin Janet Perna an die Informix-Anwender. Was unter "absehbarer Zukunft" zu verstehen ist, darüber können auch die Experten anscheinend nur spekulieren. "Informix-Kunden sollten von IBM keinen langfristigen Support erwarten", sieht Meta-Group-Analyst William Zachmann eher skeptisch in die Zukunft. Daher empfiehlt die Meta Group den Anwendern, sich sofort nach einer neuen Datenbank umzusehen. Spätestens in zwei bis drei Jahren sollten sie auf eine andere Plattform gewechselt sein.

Optimistisch gibt sich dagegen Julio Aspiazu, Vorsitzender der deutschen Informix User Group (IUG): "Wir gehen im Moment davon aus, dass sich für Kunden und Partner nicht viel ändert. Nach Angaben von Informix in Deutschland soll die Datenbank weiterentwickelt werden und auch die Betreuung durch das angestammte Informix-Personal erfolgen." Uneingeschränkt positiv steht er der Übernahme dennoch nicht gegenüber: "Wir müssen befürchten, dass die Datenbank innerhalb der IBM nicht mehr den Stellenwert haben wird, den sie bei Informix hatte, und im Zweifelsfall DB2 den Vorzug erhalten wird."

Solchen Sorgen tritt Jürgen Gallmann, bei IBM verantwortlich für das Data-Management-Geschäft in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika (Emea) allerdings vehement entgegen. IBM stehe zu allen Zusagen, die Informix seinen Kunden gemacht habe. "Informix-Produkte, die im Markt sind, wird es weiter geben", verspricht er. Basis dafür solle Arrowhead sein. Arrowhead ist der Codename für eine von Informix geplante Datenbankkerntechnik, auf deren Basis verschiedene Datenbank-Management-Systeme realisierbar sein sollen, zum Beispiel für Data Warehousing und Transaktionsverarbeitung. Die Technologie soll zusammen mit der DB2-Technik in eine einheitliche Highend-Datenbank einfließen. Offensichtlich will IBM also den Arrowhead-Kern auch dazu nutzen, verschiedene Ausprägungen einer relationalen Datenbank auf den Markt zu bringen - in DB2- und Informix-Ausprägung. Die bestehenden Produkte wie zum Beispiel die Paralleldatenbank XPS sollen mindestens zwei bis drei Jahre weitergeführt werden.

Für Informix-Anwender, denen die Zukunft ihres Datenbanksystems trotzdem zu unsicher ist, gibt es nun verschiedene Möglichkeiten. Rund die Hälfte der bestehenden Kunden bewegen sich nach Untersuchungen der Meta Group im Lowend. Für diese Anwender ist nach Ansicht der Analysten auch Microsofts SQL Server attraktiv - vor allem unter Kostenaspekten. Microsoft habe im Lowend einen sehr günstigen Pro-Kopf-Preis. Für schnellentschlossene Anwender im Highend bietet sich dagegen eine günstige Gelegenheit, auf die Oracle-Datenbank zu wechseln. Der Softwarehersteller gewährt nämlich bis zum 31. Mai einen Rabatt von 50 Prozent auf seine Produkte für wechselwillige Informix-Kunden.

Ob viele Informix-Anwender auf das Angebot eingehen, ist allerdings fraglich. Diese gelten nämlich als sehr loyal - nicht zuletzt wegen der Betreuung durch den Anbieter. "Informix hat in der Vergangenheit sehr intensiv und partnerschaftlich mit den Anwendern und uns als Anwendervereinigung zusammengearbeitet", lobt Aspiazu. Allerdings hat das gute Verhältnis wegen des Verkaufs schon die ersten Kratzer bekommen. Die Anwender hätten sich gewünscht, früher von Informix informiert worden zu sein, statt den Verkauf aus der Presse zu erfahren, kritisiert der IUG-Vorsitzende. Die Konsequenz: "Einige Anwender sind beunruhigt über die zukünftige Entwicklung - insbesondere diejenigen, die erst jüngst eine strategische Entscheidung zugunsten von Informix getroffen haben."

Oracle-Neukunden sparen mit Informix

50 Prozent Rabatt auf seine Datenbankprodukte gewährt Oracle denjenigen Informix-Kunden, die bis zum 31. Mai auf die Oracle-Datenbanken umsteigen. Das lässt sich für Neukunden, die sowieso Oracle kaufen wollen, taktisch zur Preisreduzierung nutzen, denn eine leistungsbasierte Lizenz (unbeschränkte Nutzerzahl) der Informix-Datenbank kostet oft nur rund ein Drittel des Oracle-Produkts.

Ein Beispiel: Nehmen wir an, "Oracle 8i Enterprise Edition" würde für eine ausgewählte Plattform rund fünf Millionen Mark kosten, dann würde der "Informix Dynamic Server 9.2x" vielleicht mit rund 1,5 Millionen Mark zu Buche schlagen. Ein Anwender, der Oracle kaufen möchte, könnte also schon dann eine Million Mark sparen, wenn er zunächst Informix und dann Oracle ordert und dafür 1,5 Millionen Mark an Informix und dann noch einmal 2,5 Millionen Mark an Oracle zahlt.

Geschickter ist es aber, nur mit dem Informix-Kauf zu drohen. Für Oracle wäre es dann immer noch lukrativer, die Datenbank für 2,6 Millionen Mark abzugeben, denn dann verdient das Unternehmen immerhin 100 000 Mark mehr als im oben geschilderten Fall. Andererseits könnte Oracle auch 3,9 Millionen Mark verlangen, denn dann hätte der Anweder gegenüber der Variante, zuerst Informix und dann Oracle zu kaufen, immerhin noch 100 000 Mark gespart. Um den Nutzen für beide Verhandlungsseiten zu optimieren, könnte man sich in der Mitte treffen - also bei 3,25 Millionen Mark.