PAC-Studie zur Business-Telefonie

50 Prozent der Unternehmen wollen ihre TK-Anlage ersetzen

22.05.2013
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Laut einer aktuellen Studie des Beratungshauses PAC planen 50 Prozent der deutschen Unternehmen in den nächsten drei Jahren eine Erneuerung ihrer TK-Anlage. Doch Hersteller und Channel könnten vergebens auf das große Geschäft mit der IP-Telefonie hoffen - viele Entscheider liebäugeln mit einer TK-Lösung aus der Cloud.
Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen will in den nächsten drei Jahren die TK-Anlage austauschen.
Fast die Hälfte der deutschen Unternehmen will in den nächsten drei Jahren die TK-Anlage austauschen.
Foto: PAC/nfon

Rund zwei Drittel aller deutschen Unternehmen sind mit ihrer eingesetzten Telefonie-Lösung eher unzufrieden. So bemängeln sie etwa die Integration mit IT-Anwendungen wie beispielsweise CRM-Systemen. Andere Kritikpunkte sind die Flexibilität bei der Administration oder die Einbindung mobiler Endgeräte. Ferner wird eine Unterstützung flexibler Arbeitsformen durch die Telefonie vermisst. Zu diesem Ergebnis kommen die Berater von Pierre Audoin Consultants (PAC) im Rahmen der Studie "Umbruch in der Business-Telefonie". Im Auftrag der Münchner nfon AG befragte PAC 153 CIOs, IT-Entscheider und Geschäftsführungsmitglieder in deutschen Unternehmen.

Die Unzufriedenheit mit der eigenen TK-Lösung steht eventuell im Zusammenhang mit der strategischen Bedeutung der Telefonie. Drei Viertel der IT-Verantwortlichen betrachten die Telefonie nicht als eine von der IT isolierten Anwendung. Vielmehr wird die Telefonie, so die PAC-Studie, immer stärker mit der IT verzahnt und zum integrierten Bestandteil von Geschäftsprozessen. Dabei würden neue, technische Herausforderungen entstehen, wenn es gilt Telefonie und IT Anwendungen wie E-Mail, CRM oder ERP zu integrieren. Gerade der letzte Punkt überrascht. Propagieren doch die Verfechter von VoIP beziehungsweise IP-Telefonie unter dem Schlagwort der Konvergenz von Sprach- und Datenwelten seit Jahren diese Integration. Egal ob Presence-Informationen, Unified Communications und Collaboration (UCC), CTI oder die Einbindung von mobilen Mitarbeitern - in den Marketing-Broschüren der Hersteller scheinen diese Probleme seit Jahren gelöst zu sein.

Noch betreibt das Gros seine TK-Lösung in Eigenregie.
Noch betreibt das Gros seine TK-Lösung in Eigenregie.
Foto: PAC/nfon

Diese Diskrepanz zwischen Unternehmensrealität und Herstellerdarstellung erklärt sich, wenn man die Betriebsdauer der TK-Anlagen betrachtet. So beträgt die durchschnittliche Nutzungszeit in fast zwei Dritteln aller deutschen Unternehmen zwischen fünf und mehr als zehn Jahren. In jedem vierten größeren Unternehmen wird die TK-Lösung sogar länger als zehn Jahre genutzt. Angesichts solcher Nutzungszeiten erklären sich die obigen Kritikpunkte, denn die Anlagen sind veraltet und stammen häufig noch aus den Anfangszeiten der IP-Telefonie als UCC und andere Themen noch in den Kinderschuhen steckten. Dementsprechend sind die wichtigsten Gründe, in eine neue TK-Lösung zu investieren auch nicht das Ende von Abschreibungszyklen, sondern veränderte Anforderungen an die TK-Anlage sowie die Erkenntnis, dass die eigene Lösung technisch nicht mehr up-to-date ist.

Jedes dritte Unternehmen kann sich auch TK aus der Cloud vorstellen.
Jedes dritte Unternehmen kann sich auch TK aus der Cloud vorstellen.
Foto: PAC/nfon

Für nfon, den Auftraggeber der Studie, haben die PAC-Consultants auch eine unangenehme Erkenntnis parat: Noch immer betreiben 91 Prozent der Unternehmen ihr TK-Anlage in Eigenregie. Selbst Managed oder Hosted Services, wie sie seitens der Industrie in den letzten Jahren stark propagiert wurden, werden mit 6 beziehungsweise 2 Prozent kaum genutzt. Noch schlechter sieht es hinsichtlich der Nutzung von TK-Services aus der Cloud aus. Lediglich ein Prozent der Unternehmen konnte sich bislang mit diesem Gedanken anfreunden. Darauf basiert aber das Geschäftsmodell von nfon. Die Münchner wollen TK-Services aus der Cloud verkaufen und haben dazu eine eigene TK-Lösung gestrickt, die eine Weiterentwicklung auf Basis von Asterisk ist und über 100 Funktionen bieten soll. Für den Nutzer entfallen so die Investitionen in eigene TK-Anlage und dank pay-per-use sind seine Kosten flexibel und lassen sich an den Bedarf anpassen.

Für einen Wechsel in die Cloud fehlen vielen Entscheidern noch Referenzbeispiele.
Für einen Wechsel in die Cloud fehlen vielen Entscheidern noch Referenzbeispiele.
Foto: PAC/nfon

Allerdings scheint sich die Haltung vieler Unternehmen gegenüber dem Thema TK im Umbruch zu befinden. So werden sich nach Einschätzung vieler IT-Verantwortlichen die Investitionszyklen für TK-Anlagen künftig verkürzen. Gleichzeitig erwarten die Entscheider, dass die Bedeutung von Updates für Telefonielösungen steigen wird. Zudem erwarten sie, dass sich die Innovationszyklen denen der IT anpassen. Entsprechend befürchten die Unternehmen eine Steigerung ihrer Kosten für die Telefonie. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Unternehmen mit der Innovationsgeschwindigkeit kaum Schritt halten können, zumal nur selten dedizierte Ressourcen für die TK zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund kann sich laut PAC - entgegen dem derzeitigen Nutzungsverhalten - jedes dritte befragte Unternehmen auch die Verwendung einer Cloud-basierten Telefonielösung vorstellen. Neben geringeren Gesamtkosten erhoffen sich die Entscheider davon die Möglichkeit, kontinuierlich am technischen Fortschritt partizipieren zu können. Gegen den Umstieg auf eine Cloud-Lösung sprechen in den Augen vieler Entscheider fehlende Erfahrungswerte und Referenzen. Zudem haben die Unternehmen häufig Sicherheitsbedenken. Allerdings räumen drei Viertel der IT-Verantwortlichen ein, dass ihre Bedenken weniger auf harten Fakten als vielmehr auf einem Bauchgefühl basieren.