Gesellschafterzuschuss mindert ausserordentliche Belastungen

443 Millionen Mark Verlust - deutsche IBM im Abwaertstrend

30.04.1993

Der ausgewiesene Jahresfehlbetrag, den der Vorsitzender der Geschaeftsfuehrung der IBM Holding, Hans-Olaf Henkel, als "direkte Konsequenz" der Vorsorgemassnahmen bezeichnete, ist nicht die einzige Kennzahl fuer das schlechte Abschneiden der deutschen IBM. Das Betriebsergebnis ging 1992 um 61,5 Prozent auf 272 1991: 704,8) Millionen Mark zurueck. Auch das Ergebnis der gewoehnlichen Geschaeftstaetigkeit lag - bei einem um 24 Millionen auf 225,3 Millionen Mark gesunkenen Finanzresultat - mit 500,8 Millionen Mark um 48 Prozent unter dem Vorjahr.

Preisverfall bei Grosssystemen

Ohne den Gesellschafterzuschuss in Hoehe von 922 Millionen Mark, den die Muttergesellschaft der deutschen Tochter gewaehrte, haetten sich die ausserordentlichen Belastungen auf 1,8 Milliarden Mark belaufen und den Verlust erhoeht. Darin enthalten, so Finanzchef Horst Haberzettl, seien Aufwendungen fuer Personalprogramme und ausserplanmaessige Abschreibungen, um "unsere Produktion auf eine reduzierte Kapazitaetsauslastung auszurichten."

Bei den Einnahmen mussten die Stuttgarter Einbussen von 6,9 Prozent gegenueber dem Vorjahr hinnehmen. Damit fiel der Gesamtumsatz mit 13,8 Milliarden um eine Milliarde Mark geringer aus als 1991.

Der fuer den Unternehmenserfolg wichtigere Inlandsumsatz sank im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent auf 9,5 (1991: 10,3) Milliarden Mark. Verantwortlich fuer den Einnahmenrueckgang sei vor allem der Preisverfall bei den Grosssystemen und im PS/2-Bereich gewesen. "Der Inlandsumsatz war durch einen vorwiegend konjunkturell bedingten Rueckgang bei den Hardwareverkaeufen gekennzeichnet. Diese nahmen um 1,2 Milliarden Mark ab", erklaerte Haberzettl. Besonders gravierend sei das Defizit im PC-Bereich, auf das mehr als ein Viertel dieser Minderung entfiel. Waehrend das Geschaeft mit den Mikros vor allem im ersten Halbjahr gelitten habe, sei der Umsatz mit der uebrigen Hardware "konjunkturbedingt" vor allem in den letzten sechs Monaten des Jahres gesunken. "Insgesamt gingen die Umsaetze aus Hardwareverkaeufen gegenueber dem Vorjahr um 23 Prozent zurueck",so der Finanzchef weiter.

Wie Henkel eingestand, seien die Einbussen beim Inlandsumsatz auch darauf zurueckzufuehren, dass "wir nicht zuegig genug in die besonders schnell wachsenden Bereiche hineinkommen konnten". Dennoch zeigte er sich selbstbewusst. Trotz des Umsatzrueckgangs, "der uns nicht freuen kann" bleibe die IBM auch in Zukunft die Nummer eins in der Branche.

"Immer mehr zu tragenden Saeulen des Geschaeftes" werde das Software- und Dienstleistungs-Business, in dem 1992 rund 3,9 (1991: 3,8) Milliarden Mark eingenommen wurden. Das sind immerhin 41 Prozent vom Inlandsumsatz, erklaerte der Vorsitzende der Holding. Allerdings gerate auch dieser Sektor durch in- und auslaendische Konkurrenz zunehmend unter Preisdruck.

Das Leasinggeschaeft habe sich ebenfalls - besonders in den neuen Bundeslaendern - positiv entwickelt. Hier stiegen die Umsaetze nach Angaben des Unternehmens im vergangenen Jahr um 21,3 Prozent auf 1,66 Milliarden Mark.

Gegenueber dem Vorjahr gesunken ist der Auslandsumsatz der deutschen IBM. Er fiel auf 4,3 (191: 4,5) Milliarden Mark. Dieses Minus fuehrte Henkel auf die schlechte Konjunktur und die Reduzierung der Fertigungskosten zurueck, da die Berechnungsgrundlage fuer die Lieferung an die Schwestergesellschaften durch Herstellungspreis plus Gewinnaufschlag gebildet werde. Mit einer Zunahme dieses Umsatzes ist bis auf weiteres nicht zu rechnen, da seit Anfang 1993 die anderen Niederlassungen zu marktgerechten Preisen - das heisst billiger als bisher - beliefert werden.

Die Anzahl aller Mitarbeiter lag 1992 im Jahresdurchschnitt mit 29 592 um rund 2000 unter dem Vorjahr. Zum Jahresende beschaeftigte die IBM insgesamt 27 906, davon 24 651 festangestellte Mitarbeiter. 1993 soll der Personalstand um weitere 3500 Mitarbeiter reduziert werden. "Aufgrund der hohen Akzeptanz unserer Personalprogramme hoffen wir, dies auch 1993 ohne Entlassungen zu schaffen", betonte Henkel. Er koenne sich im uebrigen vorstellen, dass die deutsche IBM Ende 1995 noch rund 20 000 festangestellte Mitarbeiter haben werde.

Aussagen zum laufenden Geschaeftsjahr wollte Henkel nicht machen. Er gab lediglich an, dass das erste Quartal vor dem Hintergrund konservativer Umsatzplaene "recht ordentlich gelaufen" sei.

Das trifft fuer die amerikanische Muttergesellschaft, die IBM Corp., nicht zu. Sie fuhr in den ersten drei Monaten dieses Jahres einen Verlust von 285 Millionen Dollar ein. Der Umsatz ging im Vergleich zum Vorjahresquartal um sieben Prozent auf 13,1 (1992: 14) Milliarden Dollar zurueck. Die Einbussen sind vor allem mit schwachen Leistungen der europaeischen Gesellschaften zu erklaeren: In der Alten Welt sanken die Einnahmen um 13,8 Prozent, waehrend sie in den USA und Asien nur leicht ruecklaeufig waren. Der neue Chairman Louis Gerstner machte fuer das Ergebnis vor allem die mangelnde Nachfrage nach Mainframes, Minicomputern und grossen Plattenspeichern verantwortlich. Das "Wall Street Journal" berichtete, das Grosscomputer-Business habe um eine "hohe zweistellige Prozentzahl" nachgelassen. Auch bei den Minicomputern sanken die Einnahmen gegenueber dem Vorjahresabschnitt um zehn Prozent. Das Geschaeft mit Workstations und Services habe sich dagegen behaupten koennen, fuegte Gerstner hinzu. Insgesamt sank das Hardwaregeschaeft im ersten Quartal um 19,4 Prozent auf 5,7 Milliarden Dollar, waehrend der Umsatz in allen anderen Unternehmenszweigen um 5,8 Prozent auf 7,3 Milliarden Dollar zugenommen habe.