Manzi: Konzept der achtziger Jahre funktioniert nicht mehr

400 Entlassungen bis 1992: Lotus spart an Mitarbeitern

13.12.1991

CAMBRIDGE (CW) - Die Lotus Development Corp. will sparen: Sie kündigte jetzt an, zehn Prozent der 4200 fest angestellten Mitarbeiter zu entlassen und die Ausgaben strenger zu kontrollieren. Im vierten Quartal 1991 sollen im Zusammenhang mit dem Maßnahmenpaket jedoch zunächst Kosten von 14 bis 18 Millionen Dollar anfallen.

Die meisten Unternehmensbereiche, heißt es in einer Lotus-Mitteilung, werden betroffen sein; ausgeschlossen seien lediglich der Verkauf und das Beratungsgeschäft sowie die Produktfelder Textverarbeitung, Notes und cc:mail. Ende nächsten Jahres würden die geplanten Stellenkürzungen abgeschlossen sein.

Auf diese Weise will die Spreadsheet-Company offenbar Schäden reparieren, die nach Ansicht von "Business Week" auf interne Fehlentscheidungen zurückzuführen sind. Das US-Magazin hatte vor kurzem die Lotus-Konzentration auf OS/2 als fatal für das Unternehmen eingestuft; es seien Entwicklungskapazitäten für Applikationen auf Windows-Basis unproduktiv gebunden worden (siehe CW Nr. 49 vom 6. Dezember 1991, Seite 4). Lotus-Präsident und CEO Jim Manzi ging in seiner Stellungnahme nicht auf diese Vorwürfe ein.

Obwohl Manzi für dieses und das kommende Geschäftsjahr Umsatzzuwächse von 20 Prozent voraussagt, liegt nach seiner Ansicht einiges im argen: Zwar habe man im dritten Quartal 1991 - dem umsatzstärksten in der Firmengeschichte - den Marktanteil bei DOS- und Windows-basierten Spreadsheets, E-Mail-Programmen und in der Textverarbeitung steigern können. Gleichzeitig jedoch, so das Eingeständnis des Lotus-Chefs, "geben wir zuviel aus, um das Umsatzwachstum zu erreichen". Das Geschäftsmodell, mit dem Lotus in den vergangenen zehn Jahren zum Überflieger im PC-Softwaremarkt und an der Börse geworden war, taugt nach Manzis Ansicht offenbar nicht mehr zwangsläufig für die zweite PC-Dekade.