Im Lasergewitter

3D-Druck erobert die Fabriken

18.07.2014
Von Thomas Kuhn, Rebecca Eisert und Dieter Dürand

Enorm leistungsfähig

Doch warum sind 3D-gedruckte High-Tech-Bauteile so enorm leistungsfähig? Die Antwort: weil sie traditionelle Produktionsverfahren einfach umkehren. Bisher fräsen, hobeln und bohren die Techniker so lange Material von Stahlrohlingen weg, bis das Endprodukt übrig bleibt. Im Extremfall gehen dabei 98 Prozent des Materials verloren, so die Experten des LZN Laser Zentrums Nord in Hamburg.

Beim 3D-Druck passiert das Gegenteil: Kunststoffe, Keramiken und Metalle wachsen in einem Lasergewitter zu einem Werkstück heran - praktisch ohne Abfall.

Wichtiger noch: Die Konstrukteure haben viel mehr Freiheit. Sie können den Bauteilen so gut wie jede beliebige Geometrie und Oberflächenbeschaffenheit verpassen; zudem können sie die Eigenschaften des verwendeten Materials für jede Anwendung maßschneidern. So treiben sie die Raketendüsen der Nasa zu Höchstleistungen. Vorbild für die Designer ist oft die Natur, etwa Knochen: Die besitzen im Inneren nur dort Querverstrebungen, wo sie belastet werden - nur an diesen Stellen sind sie nötig. Ein äußerst sparsames und zugleich höchst effektives Konzept.

Von ihm profitiert ganz besonders die Luft- und Raumfahrtindustrie. "Additive Fertigung ist inzwischen bei allen großen Triebwerksbauern ein strategisches Thema", sagt Oliver Edelmann, Mitgesellschafter von Concept Laser. Die Schmelzöfen der Franken stehen bei allen Großen der Branche, bei General Electric (GE), Honeywell, Pratt & Whitney oder Snecma. Auch die Nasa sowie das private Raumfahrtunternehmen SpaceX des Tesla-Gründers Elon Musk fertigen mit ihnen Triebwerkskomponenten für ihre Raketen.

Am weitesten unter den Triebwerksherstellern ist GE. Die US-Amerikaner haben angekündigt, in ihre neuen Leap-Düsenantriebe, die künftig unter anderem im Airbus A320 Dienst tun sollen, serienmäßig 19 per 3D-Druck gefertigte Brennerdüsen einzubauen. Eine Weltpremiere. Und ein Beweis für die hohe Zuverlässigkeit der Technik. Denn in keiner anderen Branche müssen Bauteile ähnlich extreme Belastungstests vor ihrer Zulassung bestehen.

Die GE-Manager schwärmen geradezu von den Vorteilen der 3D-Anlagen. Früher mussten sie die Düsen aus 20 Einzelteilen zusammenbauen – jetzt entstehen sie in einem einzigen Arbeitsschritt. Sie sind zudem leichter, stabiler und widerstehen extremen Temperaturen von mehr als 1300 Grad Celsius. Und noch ein Plus hebt Greg Morris hervor, Experte für additive Fertigung bei GE: "Jeder Drucker ersetzt bis zu 70 herkömmliche Werkzeugmaschinen."

Einziger Schönheitsfehler: Die Produktionskapazität heutiger Schmelzanlagen ist arg limitiert. Doch schon die nächste Generation soll das Drei- bis Vierfache an Ausstoß schaffen, erwartet Morris. Er war bis Ende 2012 Chef des 3D-Druck-Spezialisten Morris Technologies. GE kauft die Firma auf, um seine Kompetenz in dem Gebiet zu stärken. In den nächsten fünf Jahren erweitert der Konzern seine Entwicklungsabteilung für die laseradditive Fertigung von 70 auf 210 Forscher.