Mehr Power für Hicom

3Com und Siemens integrieren Sprach- und Datenkommunikation

18.07.1997

Wesentlicher Bestandteil der Zusammenarbeit wird die Integration der bis heute noch weitgehend voneinander getrennt arbeitenden Telefon- und Datensysteme sein. Dies sei, so Dietrich Botsch, Vorsitzender des Siemens-Geschäftsbereichs Private Kommunikationssysteme (PN), eine der größten Herausforderungen der Branche.

"Unsere Vision ist, gemeinsam eine Chassis-basierte Switching-Komponente zu entwickeln, die Sprache und Daten in einem transportiert", erklärte 3Com-Chef Eric Benhamou die Marschroute. Im Klartext bedeutet das die Verschmelzung der Telefonanlage "Hicom" von Siemens mit Produkten von 3Com.

Denkbar wäre zunächst ein LAN Server Link sowie ein Software-Upgrade für die "Hicom 300E". Damit könnten in Ethernet-Netzen Merkmale der Sprachkommunikation wie zum Beispiel Halten, Makeln, Konferenzschaltung etc. realisiert werden. Grundlage wäre die Fast-IP-Layer-3-Switching-Architektur von 3Com, die einen Cut-through-Pfad zur besseren Unterstützung von Sprach- und Videoübertragung zur Verfügung stellen soll.

Fertige Entwicklungspläne haben beide Unternehmen jedoch noch nicht in der Schublade. "Diese Kooperation ist zunächst nur ein Startsignal. Es ist nun an uns, sie mit Leben zu erfüllen", sagte Uwe Witt, Leiter des Bereichs Enterprise Systems bei 3Com Deutschland.

Keine Entlassungen in Deutschland

Noch ist die Kooperation wohl nicht mehr als die Wiederbelebung eines bereits bestehenden Abkommens. Darin hatten sich beide Unternehmen verpflichtet, weltweit über die vorhandenen Distributionskanäle auch die Produkte des anderen zu vermarkten.

Marktbeobachter sehen hinter dem Abkommen den Versuch von Siemens, im US-Markt Boden gegenüber den Rivalen Lucent und Northern Telecom gutzumachen. Mit 3Coms Vertriebshilfe, so die Hoffnung der Münchner, könnte Siemens aufholen. Im Gegenzug verspricht sich 3Com ein besseres Geschäft in Europa, wo Konkurrent Cisco dominiert. Beide Partner rechnen innerhalb der nächsten fünf Jahre mit einem Umsatzvolumen von 500 Millionen Dollar.

Nach Ansicht von Witt werden die drei neugegründeten 3Com-Geschäftsbereiche Enterprise Systems, Carrier Systems und Client Access allesamt durch den Deal mit Siemens profitieren. Gegenüber der COMPUTERWOCHE wies der Manager auch die Kritik des ausscheidenden Europa-Chefs Franz Fichtner zurück, das Unternehmen könne mit der neuen Organisationsstruktur nicht funktionieren (siehe CW Nr. 27 vom 4. Juli 1997, Seite 1: "Stühlerücken bei 3Com"). "Die Einführung der Business Units und die Aufteilung in Matrixstrukturen ermögliche eine optimale Marktfokussierung und schnellere Entscheidungen", verteidigte Witt das neue Organisationsmodell.

Dennoch sorgt der Merger mit U.S. Robotics weiter für Schlagzeilen. Wie aus der 3Com-Zentrale im kalifornischen Santa Clara bekannt wurde, müssen rund 800 Angestellte die Company wegen personeller Überschneidungen verlassen. "Das sind Overlaps, die eine Übernahme mit sich bringt", rechtfertigt Witt die Maßnahme. In Deutschland, so der Manager, sei nicht mit Merger-bedingten Entlassungen zu rechnen.