Anwender sollten sich nicht auf neues Laufwerk verlassen

3390: Die Erklärung der IBM bleibt voller Unklarheiten

08.12.1989

FRAMINGHAM (IDG) - Ausgehend von IBMs neuester Verlautbarung, daß jetzt alle Probleme mit den 3390-Platten gelöst seien, analysierte unsere US-Schwesterzeitschrift "Computerworld" die Erklärungsversuche der IBM zur Verzögerung and was der Anwender aus der ganzen Sache lernen kann. Die Ergebnisse wollen wir den CW-Lesern nicht vorenthalten.

Die Erklärung klingt zwar auf den ersten Blick glaubhaft, aber einige Unklarheiten bleiben doch. Nach Angaben von Paul Low, President von IBMs General Products Division, lag alles an dem Schmiermitte!, das auf die Plattenoberfläche fließen konnte und damit Datenverluste verursachte.

Low erzählt nun, es habe zwei Prototypen gegeben. Der einzige Unterschied sei das Schmiermittel gewesen. Bei dem einen wurde das gleiche Öl wie schon bei den 3380-Platten eingesetzt, beim anderen ein neueres.

Wenn das wirklich der einzige Unterschied war, dann muß es einen guten Grund dafür gegeben haben. War das neuere Schmiermittel billiger, oder sollte es gar die Leistung des Laufwerkes steigern? - Irgend etwas muß sich jedenfalls ein Konzern wie IBM dabei gedacht haben. Low: Man habe eine Verringerung der Reibung erwartet, es hätte sich aber letztlich herausgestellt, daß es gar keine Vorteile hatte.

Nachgefragt, warum überhaupt ein neues Schmiermittel getestet wurde, antwortete Low, daß er das jetzt nicht mehr nach vollziehen könne.

Wenn man schmiert, dann mit Kompetenz

Und jetzt sollte sich jeder vernünftige Mensch fragen, warum ein Unternehmen wie IBM bei einem Produkt, von dem ein Umsatz von mehreren Milliarden Dollar erwartet wird, mit Schmiermitteln herumexperimentiert, über deren Sinn und Zweck man sich von Anfang an nicht klar war? Eine andere Möglichkeit wäre, daß hier irgend etwas vor dem Anwender verschleiert werden soll.

Dafür sprechen weitere Widersprüche in Lows Argumentation. Als unsere US-Kollegen sich bei IBM darüber beklagten, daß Lows Antworten nicht sehr schlüssig klingen würden, wurde ihnen mitgeteilt, daß Low als "President of the Division" sich nicht um jede technische Kleinigkeit eines Projekts kümmern könnte. Low selbst wiederum räumte aber ein, daß er allein für die Sache mit dem Schmiermittel verantwortlich sei.

Klare Antworten eines Division-Präsidenten

Diese Widersprüche erklärten IBM-Sprecher dann damit, daß Low in erster Linie ein Techniker sei, der gegenüber der Presse nicht so schlagfertig ist, wie ein Marketing-Fachmann .

Von einem Division-President bei einem Konzern wie IBM sollte man aber klare Antworten erwarten können -jedenfalls, wenn die Erklärung wirklich so einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheint.

Falls die Erklärungen auch in Zukunft so holprig bleiben, wäre es von den Anwendern falsch, sich bedingungslos auf die Aussagen von IBM zu verlassen. Bevor sie den 3390ern vertrauen können, sollten sie diese Platten erst einmal auf Herz und Nieren testen. +