3278: Die Konkurrenz schläft ruhig weiter

17.06.1977

Jede IBM-Ankündigung zwingt Mitbewerber zu Reaktionen - man mag dazu (als Anwender) stehen, wie man will. Hatten in den vergangenen zwölf Monaten die sogenannten Mainframer ausgiebig Gelegenheit, ihre Produkt- und Preispolitik neu zu überdenken (betroffen: Siemens, Honeywell Bull, Univac, Amdahl etc.), so dürften jetzt in den Chefetagen der PCM's (Plug Compatible Manufacturer) die Köpfe rauchen. Denn der Marktführer hat Erweiterungen seiner Communications-Produkte angekündigt - unter anderem auch neue 3270-Steuereinheiten- und -Bildschirme mit besserer Preis/Performance. Was die Sache für die Konkurrenz so gefährlich macht: IBM kann praktisch nach Belieben den Terminal-Markt forcieren oder bremsen. Denn alle IBM-Produkte und -Konzepte für "Distributed Processing" sind eindeutig auf hierarchische Netzwerke ausgerichtet. In denen bestehen nun einmal Abhängigkeiten zwischen Terminals, Steuereinheiten, Multipexern, Konzentratoren, Front-End-Prozessoren und zentral steuernden Hostcomputern: Somit kann kein IBM-Terminal-Anwender ein Gesamtsystem ohne eine IBM-Zentraleinheit implementieren, die per Software bestimmt, was der Benutzer an seinem Terminal machen kann und was nicht. Bei den neuen 3270-Geräten hat IBM gewisse Features in Mikroprogramme verlegt - eine Fleißarbeit für die Wettbewerber, das nachzubasteln. Wie werden sie darauf und auf die neuen Preise reagieren? de

K. Borel, Sintra Datentechnik GmbH, Frankfurt

Wir werden uns auf intelligente Konzentratoren mit Mehrfunktion einrichten.

Karsten Ludwig, Transac Datensysteme, Frankfurt

Wir brauchen nicht jeder IBM-Preissenkung sofort nachzufolgen, weil wir schon wesentlich billiger als IBM sind. Überdies ist IBM nicht derjenige Wettbewerber, der uns am meisten juckt, zumal wir nur an Benutzern interessiert sind, die mehr machen wollen, als mit den 3270-Bildschirmen möglich ist. Wir sind da sehr zuversichtlich: Es gibt immer Benutzer von IBM-Zentraleinheiten, die von der Terminal-Hardware her etwas anderes haben wollen, die auch eine andere Datenbehandlung haben wollen und die schließlich nicht mit den von IBM verordneten DFÜ-Prozeduren arbeiten wollen. Für diese Anwender ist der Preis eben nicht das wichtigste Auswahlkriterium.

Otto F. Schröter, Leiter des Erzeugnisgebietes Datensysteme der Standard Elektrik Lorenz AG in Stuttgart

Was IBM angekündigt hat, liefern wir seit Jahren. Aus unserer Sicht wird sich auf der Bildschirmseite wenig tun. Die Vorteile unserer Produkte bestehen überdies darin, daß wir heute schon liefern können, zum zweiten, daß wir die Gewißheit haben, unsere Gesamtstrategie der "IBM-Kompatibilität" plus zusätzlicher Leistungsmerkmale auch gegenüber den neuangekündigten Systemen durchhalten. Darüber hinaus müssen sie noch berücksichtigen, das ist vielleicht eine sehr wichtige Aussage, daß wir nicht nur Bildschirmsysteme verkaufen, sondern Datenfernverarbeitungs-Steuereinheiten, intelligente Terminalsysteme und Datenerfassungssysteme machen. Wir bauen darauf, daß die Kunden das gesamte Datenfernverarbeitungssystem sehen, und zwar Hardware und Software. Dann werden wir auf der Basis des Gesamtsystems der IBM immer eine Nasenlänge voraus sein. Das ist unser Versprechen an die Kunden.

Wir sehen auf der Steuereinheitenseite eine Evolution zu mehr Intelligenz. Das schlägt sich ja schon in den IBM-Preisen nieder.

Der Grundpreis einer Steuereinheit lag bisher bei der IBM Deutschland bei 561 Mark beim normalen Vertrag. Die 3274 in der Grundausrüstung kostet 1.456 Mark. Damit haben wir eine klare Aussage, daß das ein politischer Preis des Marktführers ist, der sich hauptsächlich gegen die Anbieter richtet, die nur Bildschirme haben. Da unsere Steuereinheiten jetzt schon billiger sind, und wenn wir diesen billigen Preis für die Steuereinheiten beibehalten, werden wir auch langfristig in der Preis Performance richtig liegen.

Da die IBM Gültigkeit des 3270-Konzepts bestätigt hat, und da wir unseren Kunden versichern können, daß sie in den bestehenden Installationen all die neuen Features bekommen, können wir beruhigt in die Zukunft sehen. Wir sind überdies davon überzeugt, daß die Tatsache, daß viele der sogenannten Neu-Features des Marktführers erst ab 78 lieferbar, bei uns aber bereits seit 74 verfügbar sind, unseren Kunden bewußt ist und daß darüber hinaus unsere Vertriebsbeauftragten in den Geschäftsstellen einen so guten Kontakt zu den Kunden haben, daß kein Kunde übereilte Schritte machen wird.

Elmar Meyer, Datasaab GmbH, Düsseldorf

Zum jetzigen Zeitpunkt können wir unsere Reaktion auf die veränderte Marktsituation im 3270-Geschäft noch nicht bekanntgeben. Mit einer Reaktion von seiten Datasaab kann jedoch bis Ende Juni gerechnet werden.

Hartmut Schlenk, Harris GmbH, Frankfurt

Die IBM 3270 wurde bereits 1971 eingeführt - eine Neuankündigung war also längst überfällig. Als Sanders, jetzt Harris, 1973 die Terminalserie 8170 auf den Markt brachte (das erste programmierbare Terminalsystem zur 3270-Emulation), waren fast alle jetzt erst von IBM als neu angekündigten Features bereits enthalten.

Vor gut einem Jahr stellte Sanders/Harris die Serie 8180 vor - eine Weiterentwicklung, die wesentlich mehr Möglichkeiten bietet, als nur kompatibel zu 3270 zu sein. Möglichkeiten auch in preislicher Hinsicht: Allein durch viele 8180-Programme lassen sich bei den meisten Benutzern die Terminalanwendungskosten stärker reduzieren als durch Einsatz der neuen IBM-Hardware, selbst bei Ausnutzung aller jetzt gebotenen Zusätze.

Trotzdem wird Harris am 10. Juni 77 eine weltweite Ankündigung in Reaktion auf die neuesten IBM-Verlautbarungen machen. Enthalten sein werden:

-eine Preisanpassung,

-die Verpflichtung, auch in Zukunft kompatibel zu allen 3270-Produkten zu sein,

-Erweiterungen und Zusätze in Hard- und Software der Serien Harris 8170 und 8180.

E. Zeising, Kontron GmbH, München

Wir installieren bewußt nicht unsere Terminals an IBM-Anlagen, da wir die Anwendungs-Softwareprobleme des Kunden nicht lösen können.

Ferner sind wir der IBM-Meinung, daß diese drastische Preissenkung nur eine Anpassung darstellt, da wir zum Beispiel bereits seit acht Monaten ein Terminal zum End-User-Preis von 4.800 Mark anbieten.