Mainframe-Ankündigung des Marktführers stellt Vektoreigenschaften heraus:

3090: IBM macht Druck über Modelle und Preise

21.02.1986

MONTPELLIER (rs) - Blue hat endgültig den technisch-wissenschaftlichen Markt entdeckt. In einem Rundumschlag kündigte IBM jetzt auch für die Bundesrepublik den RISC-PC an, löste alle 4381-Modelle durch neue Systeme ab und ergänzte die 3090-Famille ("Sierra") durch zwei Rechner am unteren Ende. Bemerkenswert ist dabei die Betonung der Vektor-Features, die IBMs High-End-Mainframes letzt auch für den DEC-Markt interessant machen sollen.

Vier Mitglieder umfaßt jetzt nach Ankündigung die Großrechnerfamilie 3090. Mit den Uniprozessor-Modellen 150 und 180 machte der Marktführer auch am unteren Ende der Sierra-Palette mobil und damit die 3081- und 3084-Rechner wohl endgültig obsolet. Zwar rüsten die IBMer bestehende 308X-Installationen weiter auf, doch spielt sich das Neugeschäft nach Aussage von Hermann Bückle ausschließlich im 3090-Bereich ab.

Neben den beiden neuen 3090-Familienmitgliedern brachte der Announcementreigen auch eine Vergrößerung des Erweiterungsspeichers für die Modelle 200 und 400 mit sich. Er wurde auf 256 beziehungsweise 512 Megabyte verdoppelt.

Die Leistung der neuen 3090-150 liegt nach IBM-Angaben zwischen 10 und 20 Prozent über der 3083-JX. Bei diesen Angaben bezieht sich der Hersteller auf die relative interne Leistung (IER: Instruction Execution Rate). Einen Zuwachs von weiteren 50 Prozent soll dann das Modell 180 bringen. Für beide Rechner ist eine Vektoreinrichtung lieferbar, mit der laut IBM bei der 3090-180 Leistungsverbesserungen zwischen 40 Prozent (Zerlegung schwach besetzter Matrizen) und 200 Prozent (Invertierung dicht besetzter Matrizen bei einfacher Genauigkeit) erreicht werden können. Für das Modell 150 liegen noch keine Vektormessungen vor. Zwei neue Programme für technisch-wissenschaftliche Anwendungen sind ein Fortran Execution Analyzer zur Entwicklung und Optimierung skalarer und verktorieller Anwendungen sowie ein Vector Facility Simulator, der die Ausführung von Programmen mit Vektorinstruktionen auf /370-Prozessoren ohne Vektorhardware ermöglichen soll.

1 MB Speicherkapazität für runde 190 000 Mark

Für eine funktionsfähige Einstiegskonfiguration muß der Anwender bei dem Modell 150 (32 MB, 16 Kanäle) rund 3,9 Millionen Mark bei der 3090- 180 (32 MB, 16 Kanäle) etwa 6,1 Millionen Mark bezahlen. Diese Preise (wie auch die folgenden) beinhalten nicht Frequenzumformer und Konsolen. Rund 12,3 Millionen Mark kostet die 3090-200 (64 MB, 32 Kanäle). 22,9 Millionen werden für ein Modell 400 (128 MB, 64 Kanäle) fällig.

Tabula rasa beim IBM-Mittelstand

Tabula rasa machte Big Blue bei der 4381-Familie. Die bisherigen Modelle 1, 2 und 3 verschwinden vom Markt und werden durch die Rechner 4381-12, -13 und -14 ersetzt. Zusätzlich bringt IBM das Einstiegsmodell 11 auf den Markt. Mit 4 MB und 6 Kanälen kostet die 4381-11 knapp 460 000 Mark. Das Modell 12 (8 MB 6 Kanäle) bringt es auf gut 800 000 Mark. Eine runde Million zahlt der Anwender, um eine 4381-13 mit 8 MB und 6 Kanälen zu erwerben, und für 1,74 Millionen Mark gibt es das derzeitige Topmodell dieser Serie mit 16 MB und 12 Kanälen.

"Nicht als Super-AT" will Dieter Schöne Leiter Vertriebsunterstützung technisch-wissenschaftliche Systeme, den neuen Mikrocomputer 6150 verstanden wissen. Diese in den USA als "RT" vorgestellte RISC-Workstation (Redused Instruction Set Computer) soll vor allem als Einstiegsmodell für den technisch-wissenschaftlichen Bereich dienen. Der 6150 arbeitet unter dem Betriebssystem AIX (Advanced Interactive Executive), einem Unix-V-Berkeley-4.2-Gemisch, das IBM um einige eigene Features angereichert hat. Dazu gehört beispielsweise eine DOS-Shell, die eine PC-DOS-Umgebung unter AIX emulieren soll. Die Ausbaufähigkeit des jüngsten IBM-Mikros reicht bis 4 MB Hauptspeicher, 210 MB Platten- und 2,4 MB Diskettenkapazität. Der Vertrieb des 6150 soll auch über Partner laufen, denn, so Wolf-Dieter Finck, Leiter Marketing Industriesysteme," wir gehen nicht davon aus, eine komplette Anwendungspalette selbst bieten zu können." Je nach Ausbaustufe wird der 6150-RISC zwischen 50 000 und 200 000 Mark kosten und voraussichtlich im vierten Quartal dieses Jahres ausgeliefert werden.

Die IBM hat jetzt auch die Qualität entdeckt. "Zero Defect" heißt das Schlagwort, das in den IBM-Werkshallen der südfranzösischen Kleinstadt Montpellier in aller Munde ist. Alle Maschinen, so Big Blue stolz, würden im Endtest auf die besagten "Null Fehler" geprüft, keine Schraube und kein Kabel dürften beim Versand vergessen werden.

Ein anderer Qualitätsvorsatz, den Big Blue für das neue Jahr gefaßt hat und anläßlich der Großrechnerankündigungen vor Journalisten erläuterte, betrifft die Ausfallrate von Produkten aus dem Großsystembereich zum Zeitpunkt der allgemeinen Verfügbarkeit. IBM wird nach eigenen Angaben ein Nachfolgeprodukt jetzt erst dann ausliefern, wenn dessen Ausfallrate unter die des "Altproduktes" gefallen ist. Derzeit sinkt die Fehlerrate im IBM-Werk Montpellier um ein Prozent pro halbes Jahr, verkündete Werksleiter Jean Taverne.