3081-Sightseeing-Tour

03.09.1982

Für US-Reisende in Sachen Mainframe-Sightseeing ist es immer wieder ein Erlebnis, mitanzusehen, mit welcher Großzügigkeit amerikanische DV-Kollegen ihre Anwendungen managen. Zwängt sich dem Beobachter auch gleich der Eindruck auf: Die Yankees haben zum Computer die gleiche Einstellung wie zum Kraftfahrzeug. Ein Beispiel, wie aus dem Leben gegriffen: OP-Manager Earl D. Proud verläßt allmorgendlich gegen fünf Uhr sein Haus auf Long Island, um mit seinem 350-PS-Schlitten rechtzeitig gegen neun seinen Arbeitsplatz im Süden von Manhattan zu erreichen. Im Rechenzentrum steht eine dicke 3081, die etwa die gleichen Aufgaben bewältigt wie eine 4341-2 bei einem bundesdeutschen Anwender, sagen wir in Wanne-Eickel - eine Sachlage, die die IBM Deutschland GmbH freilich verschweigt, wenn sie auf eine vermeintlich heile H-Welt jenseits des großen Teiches verweist.

Wurden demnach die hierzulande nachweislich aufgetretenen Performance-Schwächen bei Grundig, SKA, Hoechst oder BMW journalistisch hochgespielt? In den USA, sagt IBM, liefen die Maschinen geradezu vorbildlich. Doch obwohl die Stuttgarter Jumbo-Verkäufer momentan alles tun, um das Image der H-Serie aufzupolieren, kommen nach wie vor Klagen über Leistungsmacken bei Timesharing-Anwendungen unter TSO und bei der Benutzung des Datenbanksystems IMS.

Ob es nun an der sprichwörtlichen deutschen Gründlichkeit liegt, daß deutsche DV-User versuchen, quasi das letzte Bit aus ihrer Maschine herauszukitzeln, um eine wirtschaftlich optimale Anwendung zu betreiben oder einfach daran, daß hier mit den Jahren ein eigenes DV-Bewußtsein gewachsen ist - sicher scheint: Über die hiesige Vielzahl an High-sophistisated-Lösungen verfügen amerikanische Unternehmen nicht. Sie optimieren bei Kapazitätsengpässen seltener ihre Programme, kaufen vielmehr zunächst zusätzlichen Speicherplatz.

Das soll nicht heißen, daß die deutschen DV-Profis weltweit zu den absoluten "Highflyers" ihrer Zunft geworden sind. Die qualifiziertesten der Qualifizierten sitzen wohl nach wie vor zwischen Rocky Mountains und Appalachen. Grund genug für IBM-Strategen, fehlendes Know-how ihrer Großkunden dafür verantwortlich zu machen, daß sich die 3081 D nicht als der große Performance-Hammer erweist. Einige Großkunden hätten ihre Hobel, was die konkrete Anwendung betrifft, falsch oder schlecht designed. Wenn aber die Probleme nicht am Channel-Konzept liegen: Hat Big Blue vielleicht schludrig beraten?

Daß einige ganz fixe 3081-Besteller nun ihre Entscheidung bereits reut, ist offensichtlich. Gibt es doch für viele 3033-Anwender, mit Ausnahme der zu erwartenden Software, kaum ein Argument, das "Flaggschiff" des Marktführers einzusetzen - sie können mit ihrem Rechner noch gut ein paar Jährchen leben. Und wenn's kapazitätsmäßig knapp wird, kann man eine weitere 3033 dazustellen. Die Alt-Jumbos kriegt man heute schon für "'nen Appel und 'n Ei".

In Unternehmen, in denen schon mal "alternative Fragen" auftauchen, bleiben immer einige kalte Krieger zurück, die sich die Hände reiben, wenn eine gegen ihre Überzeugung gekaufte Maschine nicht die erwartete Leistung bringt. Selbst die kleinste Protestwelle kann dann den Sessel eines Informationsmanagers ins Wanken bringen.