3031 storniert, 4341 bestellt für den Übergang eine 370158

23.03.1979

þHerr Rücker, der technische Außendienst der IBM ändert seine Struktur. Mit der individuellen Betreuung vor Ort soll nun Schluß sein. Entstehen daraus Nachteile für den Kunden?

Hier muß man unterscheiden zwischen zwei Bereichen - dem Software-Service und der Hardware-Wartung. Ich möchte mich zuerst zum neuen Software-Service äußern. Hier konnte ich feststellen, daß es in der letzten Zeit wiederholt Schwierigkeiten gab, die zumeist dadurch entstanden sind, daß die Klärung von Software-Problemen immer relativ lange gedauert hat.

þWorin bestanden diese Schwierigkeiten?

Beim jetzigen Verfahren konnte kein Unterschied zwischen verschiedenen Typen von Software-Problemen gemacht werden, was zur Folge hatte, daß der Anwender mit seinen Fragen stets in eine Warteschlange eingereiht wurde. Es gab einfach keine Möglichkeit, "leichte Fälle" schneller zu behandeln, auch wenn teilweise frühzeitig erkannt wurde, daß diese Fehler leicht zu beheben sind.

þUnd jetzt?

Mit dem neuen Konzept der Ferndiagnose scheint die IBM zu differenzieren. Ich glaube, daß hier ein Versuch gestartet wird, der die Chance hat, dem Anwender bessere Lösungen zu bieten.

þUns scheint, daß IBM selber einen gehörigen Bammel hat, den neuen Software-Service einzuführen, weil nicht kalkulierbar ist, wie die Kunden als Versuchstierchen reagieren werden.

Uns ist bei den Besprechungen mit IBM dieses Konzept so vorgestellt worden, daß man nicht mehr nur ein Experiment machen will. Diese neue Service-Methode wurde in Chicago über einen

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" Der Mann mit dem Lötkolben stirbt aus "

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Zeitraum von 18 Monaten mit etwa 80 IBM-Kunden getestet. Dabei sollen so positive Erfahrungen gemacht worden sein, daß die IBM glaubt, diese Methode jetzt weltweit einsetzen zu können. Hierbei handelt es sich also nach IBM-Aussagen nicht um "Schreibtisch-Konzepte".

þAber insgesamt bleibt doch der Eindruck, daß IBM mit Startschwierigkeiten rechnet, die durch eine Einführung in Stufen für den Kunden erträglicher gemacht werden sollen. Oder sehen Sie da sofort greifbare Vorteile?

Eine große Rolle spielt meines Erachtens, daß der Anwender jetzt die Möglichkeit hat, ökonomischer zu entscheiden. Wenn etwa - wie in unserem Unternehmen - mehrere identische Anlagen installiert sind, wird uns durch dieses Verfahren nunmehr die Möglichkeit gegeben, für einige dieser Installationen den sogenannten "zusätzlichen" Wartungsvertrag abzuschließen - bei den gleichen Kosten, die wir jetzt auch haben. In den anderen Fällen kann man - bei dieser Konfigurationsgröße - davon ausgehen, daß Systemprogrammierer im Haus sind, die die auftretenden Probleme in Ordnung bringen können, so daß sie von der Wartung her praktisch nach allen Richtungen abgedeckt sind.

þWie steht es denn mit den "alten" IBM-Programmen, die Sie im Einsatz haben?

Nach meinen Erfahrungen wird die neue Software-Wartung so aufgebaut, daß die bekannten Software-Produkte mit dem gleichen Service wie bisher angeboten werden - zum gleichen Preis. Oder der Anwender bezahlt die "neue" Lizenzgebühr, die zwei Drittel der bisherigen Kosten ausmacht. Die Wartung, die in diesem Preis eingeschlossen ist,

wird übers Telefon durchgeführt. Es gibt hierzu ein "Kompetenz-Zentrum", das angerufen wird. Der Anwender beschreibt sein Problem und bekommt unter Umständen sehr schnell die Lösung mitgeteilt.

þNun hat beispielsweise die Benutzervereinigung Common gerügt, die neuen IBM-Software-Wartungsveträge ließen, was die Gebührenfrage anlangt, noch einige Fragen offen. Von Kostenvorteilen könne jedenfalls nicht die Rede sein.

Die Möglichkeit für den Anwender, auf diese Weise Geld zu sparen, steht meiner Ansicht nach bei dem neuen Wartungskonzept nicht im Vordergrund. Der Vorteil, der mit hier plausibel erscheint, ist die Differenzierung der unterschiedlichen Wartungsprobleme und die Möglichkeit, diese einfach und schnell zu beseitigen.

þKommen wir zur Hardware-Wartung via Bildschirm-Diagnose. Wie sieht das unter dem Aspekt der Ausfallsicherheit aus?

Für die neue Art, Hardware zu warten, gibt es meiner Ansicht nach zwei Erklärungen: Einmal will IBM mit weniger

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"Die Marktentwicklung wird das Geschäft der Leasing Firmen killen."

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Personal mehr Profit machen. Zum anderen handelt der Marktführer so, weil die technologischen Veränderungen im Bereich der Hardware keine andere Handlungsweise mehr zulassen.

þWelche Entwicklung meinen Sie?

Ein Beispiel hierfür liefert der neue 64 K-Chip: Hier ist die gesamte empfindliche Mechanik in Glas gegossen, um sie unabhängig von Umwelt-Einflüssen zu bewahren. Bei einer solchen Technologie kann ein Techniker im Feld nichts mehr ausrichten - außer er nimmt dieses Teil heraus und schickt es zu den IBM-Laboratorien. Der Mann mit dem Lötkolben stirbt aus. Die Rolle der Maintenance-Techniker wird sich immer mehr dahin- gehend verändern, daß die nur noch Diagnosen lesen und dann entscheiden, welches Hardware-Teil auszutauschen ist.

þTrifft dies nicht in zunehmendem Maße auch auf die Betriebssoftware zu, die in Form von Microcode Hardware Charakter annimmt?

Der Trend geht sicher dahin, ganze Software-Teile - wie etwa DL/I - hardwaremäßig zu liefern. Demnächst kann man sicherlich ein kleines Stück Chip kaufen, auf dem die komplette Software untergebracht ist.

þNehmen wir einmal an, die "IBM Software-Maschine", wie Sie sie eben beschrieben haben, kommt. Sehen Sie darin nicht einen Angriff des Marktführers auf die Hersteller lBM-kompatibler Zentraleinheiten?

Ich verfolge ziemlich genau die Entwicklung in Richtung Preprozessor und Backprozessor. Doch inwieweit der Marktführer diese Entwicklung forciert, um der Konkurrenz das Leben schwerzumachen, ist schwierig zu klären. Die Konkurrenz macht nämlich das gleiche, um der IBM das Leben schwerzumachen. Hier werden Mikroprozessoren mit einer Codierung eingebaut, die jedes Stück Hardware so aussehen läßt wie jedes Stück IBM-Hardware. Der Vorteil der Mikroprozessor-Technologie ist die damit zwangsläufig verbundene Robustheit der Software.

þDie Frage nach der Akzeptanz der neuen 4300er Modelle muß kommen. Herr Rücker, wie beurteilen Sie diese Ankündigung?

Ich sehe durch die Ankündigung der IBM-4300-Modelle eine ganz entscheidende Veränderung des Computer-Marktes, denn hier handelt es sich um ausgesprochene Kaufsysteme. Eine Miete, die nach 40 Monaten - selbst unter Berücksichtigung der Wartungsgebühren - identisch mit dem Kaufpreis ist, wird wohl niemand mehr als attraktiv und wirtschaftlich bezeichnen. Hier kann man nur noch kaufen. Ein gravierendes Problem bleibt jedoch bestehen: Was macht der Anwender mit dem System, wenn er herauswächst...

- . . was ja kein hypothetischer Fall ist, sondern die Regel. Was soll er also machen?

Hier sehe ich einen neuen Berufszweig entstehen, der meiner Ansicht nach große Marktchancen hat: Der des Computer-Brokers. Diese Marktentwicklung - Kauf statt Miete - wird, so denke ich, das Geschäft der Leasing-Firmen killen. Das Equipment wird billiger, die Marge zwangsläufig geringer. Derzeit geht es den Leasing-Firmen noch prächtig. Möglich ist natürlich, daß auch diese Firmen künftig eine neue Marktlücke entdecken, in die sie schlüpfen können.

þSie haben gerade gesagt, daß die Wiedervermarktung vorzeitig ausrangierter Engpaßmaschinen Kopfschmerzen bereiten dürfte. . .

. . . trotzdem haben wir zwei Modelle 4341 bestellt und die entsprechenden Modelle der 30XX-Serie storniert, die im Juli 1979 installiert werden sollten. Bis die neuen Systeme 4341 geliefert werden, müssen wir uns eben mit allerlei Tricks über die Runden retten.

- Verraten Sie uns, mit welchen Maschinen Sie das bewerkstelligen wollen?

Unser Computer-Environment besteht derzeit aus zwei Rechenzentren - eines in Paris und eines in Worms. Derzeit steht in beiden Orten je eine 370/135. An diese Rechenzentren sind insgesamt 14 PDP-Minicomputer in Italien, Skandinavien, Deutschland, Frankreich und England sternförmig angeschlossen. Mit diesen DEC-Rechnern werden die Daten erfaßt, geprüft und ins Rechenzentrum übertragen. Die lnformationen gehen nach der Verarbeitung wieder zurück an den Ursprungsort und werden dort lokal ausgedruckt. Jetzt benötigen wir aber dringend mehr Leistung, um online fahren zu können . . .

þ... und dafür wurden ursprünglich zwei 3031-Rechner bestellt?

Mit den beiden 3031-Rechner hätten wir sowohl die erforderliche Geschwindigkeit erreicht und ebenso die erweiterten Möglichkeiten gehabt, unter VM mit OS zu fahren und CICS zu unterstützen. Durch die Entscheidung, diese Systeme zugunsten der neuen Modelle nicht zu

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"Bis die neuen Systeme 4341 geliefert werden, müssen wir uns mit Tricks über die

Runden retten."

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installieren, sind wir leider nicht drum herumgekommen, einen Kompromiß zu finden, wie nämlich die benötigte Kapazität auch so hergestellt werden kann.

- Wie sieht dieser Kompromiß aus?

Für ein Jahr wird eine 370/158 im Pariser Rechenzentrum installiert. Gleichzeitig wird das 135-Modell in unser Wormser Rechenzentrum geholt.

þSehen Sie da keine Betriebssystemprobleme auf sich zukommen?

Die 158 soll - im Hinblick auf das neue Betriebssystem für die 4300 - unter DOS gefahren und später auf DOS/VS beziehungsweise DOS/VSE umgestellt werden.

þDennoch stellt sich hier die Frage: Wird hier nicht das DOS vergewaltigt oder die 158 - wie Sie wollen?

Wenn man die unterschiedlichen Funktionen auflistet - also Anzahl der

unterstützten Partitions, ob ein Disk Management oder ein Tape Management System vorhanden ist, ob es so etwas gibt wie eine Job Control Language mit der Möglichkeit, Weichen zu stellen - und gleichzeitig DOS/VSE mit OS vergleicht, dann zeigt sich, daß die Unterschiede immer geringer werden. Wir haben uns für DOS/VSE entschieden.