Internet vor dem Kollaps

2012 werden Bandbreite und IP-Adressen knapp

24.11.2008
Von 
Jürgen Hill ist Chefreporter Future Technologies bei der COMPUTERWOCHE. Thematisch befasst sich der studierte Diplom-Journalist und Informatiker derzeit mit aktuellen IT-Trendthemen wie KI, Quantencomputing, Digital Twins, IoT, Digitalisierung etc. Zudem verfügt er über einen langjährigen Background im Bereich Communications mit all seinen Facetten (TK, Mobile, LAN, WAN). 
Nach einer Studie von Nemertes Research könnte es ab 2012 im Internet eng werden: Dann soll nämlich die Bandbreitenachfrage der User nicht mehr gedeckt werden können.

Mit ihrer jüngsten Analyse passen die Forscher ihre Ergebnisse an die derzeit kritische Wirtschaftslage an. Ursprünglich hatten die Auguren bereits für 2010 einen Bandbreitenengpass vorhergesagt. Aufgrund der schlechten Wirtschaftslage verzögere sich die Entwicklung aber. Ein kompletter Netzausfall ist nach Ansicht von Nemertes Research nicht zu befürchten, allerdings dürften dann bandbreitenintensive Dienste nicht mehr zur Zufriedenheit der Anwender funktionieren. Diese könnte etwa das High-Definition-Videostreaming oder Peer-to-Peer-Anwendungen betreffen.

Als Ursache für den steigenden Bandbreitenbedarf sieht man bei Nemertes nicht nur Videoinhalte, sondern auch den generellen Trend der User, mehr Online-Anwendungen zu nutzen. Ferner würde die wachsende Zahl an Unternehmen, die Kommunikationsmittel wie Videokonferenzen nutzen, ebenfalls zur verstärkten Nachfrage nach Bandbreite beitragen. Wird nichts gegen die drohenden Engpässe unternommen, dann entwickelt sich das Internet zu Mehrklassengesellschaft, so die Prognose der Forscher. Wer mehr bezahlt, so ihre Erwartung, bekäme dann künftig einen Internet-Zugang mit besserer Servicequalität.

Ungemach droht aber nicht nur in Sachen Bandbreite. Auch das Thema Internet-Adressen gewinnt an Brisanz. Lange Zeit verdrängt, werden nun die IPv4-Adressen wirklich knapp. Laut Nemertes sind schon 85 Prozent vergeben, so dass bereits vor 2012 die Adressen ausgehen. Zumal die steigende Zahl an Internet-fähigen Geräten sowie der Zuwachs in Sachen Maschine-zu-Maschine-Kommunikation (M2M-Communication) diese Entwicklung noch verstärkt. Deshalb ist nach Ansicht von Nemertes höchste Zeit Migrationspläne in Richtung IPv6 zu entwickeln und zu realisieren.

Werden nicht bald Gegenmaßnahmen unternommen, dann befürchten die Forscher, dass das Internet in ein Netz aus unterschiedlichen Subnetzen zerbricht. Die ausführliche Studie ist unter http://www.nemertes.com/internet_interrupted_why_architectural_limitations_will_fracture_net zu finden.