IT-Prognose

2009 - das kommt auf Sie zu!

09.01.2009
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.

Wie sich die Anwender verhalten sollen

Dennoch wird die Krise nicht spurlos an den IT-Abteilungen vorübergehen. Weltweit müssen die Unternehmen ihre Kosten reduzieren, und die IT werde nicht darum herumkommen, einen Teil dieser Senkungen zu schultern, sagen die Gartner-Analysten - als Solidaritätsbeitrag quasi. Der wachsende finanzielle Druck hat indes auch positive Aspekte. Dadurch beschleunigten sich die bereits seit einigen Jahren laufenden Wandlungsprozesse, glaubt Frank Gens, Senior Vice President und Chefanalyst bei IDC. "Eine nur langsam wachsende Weltwirtschaft hat im IT-Markt eine Wirkung wie ein Schnellkochtopf: Sie führt dazu, dass Entwicklungen schneller vonstatten gehen und sich neue Technologien und Geschäftsmodelle schneller im Markt durchsetzen." Aus Sicht des IDC-Experten bieten diese neuen Lösungen den Anwendern bereits heute Vorteile. Anbieter würden deshalb die Entwicklung dieser so genannten disruptiven Angebote forcieren und die Anwender diese zügiger annehmen und implementieren.

Der drohende Wachstumsknick wird PAC zufolge längst nicht so drastisch ausfallen wie zur Dotcom-Krise vor ein paar Jahren.
Der drohende Wachstumsknick wird PAC zufolge längst nicht so drastisch ausfallen wie zur Dotcom-Krise vor ein paar Jahren.

Mit Innovation der Krise entgegentreten, lautet ein Rezept gegen die schwierigen Zeiten. "Die IT-Abteilungen werden sich aus der Krise heraus innovieren müssen", schreibt beispielsweise Gartner den CIOs ins Hausaufgabenheft. Kosten zu senken und Effizienz zu steigern, reichen auch Chalons zufolge nicht aus, die Leistungsfähigkeit einer Firma langfristig zu verbessern. Erfolg habe, wer innovativ sei. Dabei habe sich der IT-Einsatz mittlerweile zu einem kritischen Erfolgsfaktor entwickelt. Eine Krise stelle zudem oft eine gute Gelegenheit dar, "heilige Kühe zu schlachten", erinnert der PAC-Experte. Jetzt sei eine gute Zeit, bislang unantastbare Unternehmensabläufe, Systeme und Organisationen radikal zu modernisieren.

Zwischen dem Anspruch, Innovationen voranzutreiben, und der Wirklichkeit klafft offenbar jedoch noch eine Lücke. In der momentanen Krise verändert sich die strategische Grundeinstellung der Firmen von "Angriff" auf "Verteidigung", beobachtet Chalons. Die meisten Unternehmen konzentrierten sich darauf, Portfolios, Prozesse sowie Mitarbeitereinsatz zu optimieren. Die Krise bedeute in aller Regel geringere Einnahmen und damit kleinere Investitionen sowie schließlich einen stärkeren Fokus auf kurzfristige Rentabilität. Diese Trends würden sich auf die IT-Investitionen auswirken, jedoch erwartet PAC keinen dramatischen Einbruch wie in den Jahren 2001 bis 2003.

Lünendonk-Analyst Lüerßen befürchtet für die beiden kommenden Jahre jedoch ähnliche Effekte, wie sie im Zuge der Dotcom-Krise zu beobachten waren. "Die Unternehmen reduzieren Kosten, fahren Investitionen zurück, befreien fest gebundenes Kapital und verlagern notwendige kontinuierliche Investitionen in Technologien für effiziente Prozesse auf den Dienstleister." Der Fokus verlagere sich vom so genannten 'change the business' auf das 'run the business': "Operative Effektivität steht im Mittelpunkt der verbleibenden Investitionen."

Auch Nicole Dufft, Geschäftsführerin von Berlecon Research, sieht in diesen turbulenten Zeiten die Gefahr, dass die Verantwortlichen in den Unternehmen IT und TK einmal mehr als reine Utility wahrnehmen und primär operativ ("muss problemlos laufen") und unter Kostengesichtspunkten ("darf nicht zu viel kosten") betrachten. Das Business werde 2009 vor allem mit wirtschaftlichen Herausforderungen - teilweise auch um das pure Überleben - kämpfen müssen, prophezeit die Berlecon-Analystin, "und kaum den Kopf frei haben für visionäre ITK-Projekte mit nicht absehbarem Ausgang".

Es wäre jedoch ein grober Fehler, hinsichtlich dieser Herausforderungen die Möglichkeiten der IT außer Acht zu lassen. Trotz Krise müssten die Unternehmen auf Flexibilität und Kosteneffizienz achten, lautet das Credo der Experten. Dabei dürften sie jedoch die eigene Wettbewerbsfähigkeit nicht gefährden. Dazu könnten ITK-Techniken einen erheblichen Beitrag leisten, ermuntert Berlecon-Chefin Dufft. Auch aus Sicht von PAC-Experte Chalons wird die Bedeutung von Kostensenkung und Effizienzsteigerung (für alle Prozesse und Funktionen), Globalisierung (verstärkter Wettbewerb einerseits, neue Märkte und Produktionsstandorte andererseits), Flexibilität und Agilität sowie Fusionen und Übernahmen eher zu- als abnehmen. Genau diese Themen verlangten jedoch einen erheblichen Beitrag der IT.

Diesen Herausforderungen müssen sich die IT-Abteilungen stellen. Die Verantwortlichen konzentrierten sich jedoch oft zu schnell nur darauf, die Kosten zu reduzieren, kritisiert Luis Praxmarer, CEO und Global Research Director der Experton Group. In der Vergangenheit hatte die IT meist ziemliche Schwierigkeiten, ihre Maßnahmen auf die Geschäftsstrategien und die Unternehmensausrichtung abzustimmen, kommentiert der Experte, "daran hat sich nichts geändert". Globale Initiativen, die alle Bereiche der IT und des IT-Managements betreffen, seien nicht unbedingt die Stärke der IT-Führungsmannschaft. "Zurzeit stehen Unternehmen, die gesamte Wirtschaft, die Umwelt und die Technologie vor einem Wendepunkt - ein guter Zeitpunkt für die IT-Führungsmannschaft, ihre Organisation neu zu gestalten, um für die Anforderungen der Zukunft besser gerüstet zu sein."