Eine öffentliche Hand wäscht die andere

2000 Programme gratis

04.07.1975

MÜNCHEN - Im Rahmen des Programmierverbundes oer öffentlichen Verwaltungen hat das Land Bayern bisher 400 Programme selbst erstellt und 2000 von anderer Seite erhalten. In der Antwort auf eine schriftliche Anfrage des Landtagsabgeordneten Will erklärte der bayerische Ministerpräsident Goppel: "Verwaltungen, die für dieselben Aufgaben die gleichen Programme entwickeln müßten, teilen sich häufig die Arbeiten oder bilden Programmiergemeinschaften. Beispielsweise werden Programme für die Steuerverwaltung oder die amtliche Statistik arbeitsteilig zwischen Bund und Ländern entwickelt und dann ausgetauscht."

Viel Gemeinschaftsarbeit

In Gemeinschaftsarbeit werden zur Zeit in Angriff genommen: Automation des Einwohnerwesens, des Grundbuches und des Liegenschaftskatasters, der Flurbereinigung, der Lastenausgleichsverwaltung und der Ausschreibung und Abrechnung von Bauarbeiten.

Unterschiedlich sind die Verfahren zur Beamtenbesoldung: weil Bayern Siemens-Anlagen, die anderen Länder jedoch IBM verwenden, wurde getrennt programmiert. Im Bereich des Haushalts-, Kassen- und Rechnungswesens gibt es nach Goppel noch in keinem Land ein ausgereiftes EDV-Verfahren. Da Anforderungen und Organisation in den einzelnen Ländern stark voneinander abweichen, ist seiner Ansicht nach ein einheitliches Verfahren nicht zu erwarten. Nicht einmal die Stadtstaaten sehen eine Möglichkeit des Programmaustausches.

Gelegentlich werden bestimmte Verfahren fertig übernommen. In Bayern läuft beispielsweise seit Mai versuchsweise das "Verfahren zur Abrechnung von Angestelltenvergütungen und Arbeitslöhnen" des Landes Baden-Württemberg. Die Übernahme voll realisierter Verfahren hat sich bei den öffentlichen Verwaltungen in der Mehrzahl der Fälle als weniger vorteilhaft erwiesen. Besser ist es, wehn Verfahrensaustausch oder Programmierverbund schon vor Beginn der Programmierphase vereinbart werden.

Gelegentlich löst die EDV auch Vereinheitlichungstendenzen aus. Das beste Beispiel dafür bietet die Krankenhausabrechnung. Das Krankenhausfinanzierungsgesetz des Bundes verlangt eine kaufmännische Buchführung in Krankenhäusern. Bisher gibt es dafür höchst vielfältige Organisationsformen - sie sollen durch eine Standard-Finanzbuchhaltung und -Betriebsabrechnung abgelöst werden, die das hessische Statistische Landesamt in Bad Ems entwickelt.

Austausch kostenlos

Um die Programmierarbeiten zu rationalisieren, gibt es zwei vom Kooperationsausschuß EDV aufgestellte Grundsätze: 1. Bund, Länder und Gemeinden geben die von ihnen entwickelten EDV-Verfahren grundsätzlich ohne Kostenbeitrag an andere interessierte Stellen der öffentlichen Verwaltung weiter. 2. Bei Vergabe von Programmieraufträgen oder Erwerb von Fremdprogrammen soll stets vereinbart werden, daß eine kostenlose Weitergabe an andere Stellen der öffentlichen Verwaltung zulässig ist. -py