20 Jahre Windows: Der lange Weg zum Monopol

08.07.2005
Von 
Wolfgang Sommergut ist Betreiber der Online-Publikation WindowsPro.

In der Dotcom-Phase fühlten sich viele Visionäre berufen, ein Bild von der zukünftigen Softwareindustrie in einer global vernetzten Welt zu zeichnen. Scott McNealy von Sun Microsystems tat sich immer wieder mit der Prognose hervor, dass Unternehmen IT-Leistungen quasi aus der Steckdose beziehen würden. Nicholas Carr machte sich erst kürzlich wieder für diesen Ansatz stark, nachdem er zuvor mit seiner These "IT doesn’t matter" in den Schlagzeilen war. Tatsächlich mehren sich die Zeichen, dass viele Funktionen, die bisher die unternehmenseigene IT erbrachte, als Commodity von einem externen Dienstleister bezogen werden können.

Technisch abgehängt?

Der Windows-XP-Nachfolger "Longhorn" lässt länger auf sich warten als ursprünglich von Microsoft angekündigt.
Der Windows-XP-Nachfolger "Longhorn" lässt länger auf sich warten als ursprünglich von Microsoft angekündigt.

Für Microsoft als Softwarelieferanten zeichnet sich damit eine weitere Herausforderung aus der Online-Welt ab. Angesichts von Update-Zyklen zwischen drei und fünf Jahren für Kernprodukte wie Windows fällt es dem Unternehmen schwer, mit der Innovationsgeschwindigkeit gehosteter Lösungen mitzuhal- ten. Dort erfolgen Updates laufend und stehen dem Kunden sofort zur Verfügung. Außerdem machen sich Web-basierende Dienste in verstärktem Maße die soziale Komponente des Netzes zu Eigen, indem sie den Input und das Wissen ihrer Benutzer zu einem neuen Wert kombinieren.

Unter diesem Aspekt wirkt Longhorn, wenn es voraussichtlich 2006 auf den Markt kommt, jetzt schon so veraltet wie seinerzeit Windows 95, mit dem Microsoft die Internet-Revolution verschlief. Als Beispiel dafür mag das Daten-Management gelten. Nach dem Aus für WinFS werden Longhorn-Anwender ihre Daten immer noch in hierarchischen Verzeichnissystemen organisieren wie in Zeiten von MS-DOS. Im Web hingegen bieten immer mehr Dienste die Möglichkeit, Informationen über selbst gewählte Metadaten flexibel zu beschreiben und zu organisieren. Häufig können Anwender dabei von der Tätigkeit anderer Nutzer profitieren, etwa bei Social Bookmarks. Die erst kürzlich angekündigte RSS-Infrastruktur für Longhorn folgt ebenfalls dem altbekannten Desktop-Muster, indem sie News-Feeds auf der lokalen Festplatte verwalten will. Online-Aggregatoren bieten im Gegensatz dazu nicht nur Unabhängigkeit von einem bestimmten Arbeitsplatzrechner, sondern wissen die sozialen Effekte des Mediums zu nutzen - und der Zugriff durch externe Programme erfolgt ganz einfach via HTTP und XML anstatt eines Windows-API-Aufrufs.