Intelmatique stellt Videotex in Frankreich gutes Zeugnis aus:

20 000 Teletel-Zugangsrechner bis Ende 1985

01.11.1985

FRANKFURT (CW) - Während das deutsche Bildschirmtext-System nach wie vor "in den Seilen hängt", hat die französische Videotex-Variante "Teletel" den entscheidenden Durchbruch längst geschafft. Der Grund für diese Entwicklung, über die kürzlich Intelmatique France eine Studie herausgab, dürfte hauptsächlich in der offenen Struktur des dortigen Videotex-Systems zu suchen sein.

Teletel in Frankreich ist kein Monopolbetrieb. Es gibt keine Computerzentrale der Post und auch keine untergeordneten Leitrechner. Videotex stützt sich in Frankreich auf die als Minitels bezeichneten Endgeräte, das öffentliche Telefonnetz, derzeit 13 000 elektronische Zugangsstellen und das Datex-P-Pendant "Transpac". Die Marketinggesellschaft für neue Medien der französischen Fernmeldeverwaltung Intelmatique geht davon aus, daß sich die Zahl der Transpac-Knotenpunkte, denen in Deutschland die externen Rechner entsprechen; bis zum Monat Dezember 1985 auf insgesamt 20 000 erhöht. Somit könne man im Hinblick auf die Erhöhung der Zugangskapazität des Netzes innerhalb von sechs Monaten mit einem Multiplikationsfaktor von 2,6 und binnen eines Jahres von 4 rechnen.

Bei den kostenlos an die Haushalte verteilten Minitel-Terminals der Generaldirektion des französischen Fernmeldewesens (DGT) handelt es sich um autonome und tragbare Terminals, die über einen Bildschirm von 23 Zentimetern in die Diagonale gemessen und eine alphanumerische Tastatur verfügen. Die monatliche Gebühr für einen Minitel belauft sich auf 25 Mark. Wer Videotex über einen Farbbildschirm abrufen möchte, muß pro Monat allerdings mehr als das Doppelte an Gebühren zahlen. Für Teletel verstärkt eingesetzt werden übrigens auch Videotex-fähige Arbeitsplatzcomputer wie zum Beispiel Apple 2, Macintosh und der IBM PC.

Insgesamt gab es im Juni 1985 in Frankreich 884 782 installierte Minitel-Einrichtungen. Hinzugerechnet werden müssen laut Intelmatique dann noch einmal weitere 18 000 Spezial-Endgeräte, die direkt von den Herstellern verkauft wurden. Der französische Minitel-Park ist damit ungefähr viermal so groß wie der entsprechende deutsche Terminalpark. Weiteren Angaben von Intelmatique zufolge wird die Zahl der Minitels und sonstigen Videotex-Empfänger sich bis Ende 1985 auf 1,450 Millionen steigern. Ende 1986 soll es dann bereits schon 2,5 Millionen Teilnehmer geben. Die Zahl der Videotex-Anrufe belief sich im August 1985 auf 15 Millionen Anrufe.

Mehr als 900 000 installierte Terminals

Bei den Transpac-Knotenpunkten handelt es sich übrigens keineswegs nur um Mainframes, sondern in der Mehrzahl um Minis und Mikros. Die bereits installierten Videotex-Computer stammen von verschiedenen Herstellern, so zum Beispiel von Dec, IBM, Honeywell Bull und Apple. Alle Computerbauer unterbreiten den Unternehmen, die sich in das offene Videotex-Netz "einklinken" wollen, maßgeschneiderte Lösungen. Die Videotex-Ausrüstungen werden laut Intelmatique übrigens mehr und mehr unter dem Aspekt der Vereinbarkeit mit ASCII-Terminals geschaffen, weil auf diese Weise der deutlichen Entwicklung von Teletel zum schlichten Textsystem Rechnung getragen würde.

Die besondere Sorge gelte gegenwärtig dem Leistungsvermögen der Software und der Bedienungsstellen welche eine hohe Anzahl von gleichzeitigen Anrufen bewältigen und dabei schnelle Antwortzeiten realisieren müssen. Die Entwicklung des Minitels wird nach Aussagen der Intelmatique in Richtung eines mit einem Bi-Modus ausgestatteten Basisgerätes für Videotex und ASCII gehen.

Hinsichtlich der Tarifierung der Videotex-Nutzung gibt es schließlich drei verschiedene Gebührenklassen. Bei Teletel 1 übernimmt der Anbieter den Kostenanteil für Tranpac. Diese Videotex-Abrechnungsform wird fast ausschließlich von "Profis" in Anspruch genommen. Dabei handelt es sich beispielsweise um Firmen, die über das neue Medium ihre Niederlassungen bedienen. Die hier für eine zwanzigminütige Einheit veranschlagten Kosten entsprechen in etwa den deutschen Btx-Gebühren für eine Einheit. Bei Teletel 2 ist die Bedienungsstelle nicht mit den über Transpac und das Telefonnetz laufenden Kommunikationskosten belastet. Der Verbraucher zahlt in diesem Fall einen Telefontarif in einem zweiminütigen Rhythmus. Für diesen Abrechnungsmodus kommen in Frankreich unter anderem öffentlich-rechtliche Anbieter in Frage. Das auch als "Le Kiosque" bezeichnete Teletel 3 schließlich ist für private und gewerbliche Teilnehmer gedacht. Hierbei ist alle 45 Sekunden ein Betrag von cirka 25 Pfennig fällig. Der sogenannte Kiosk-Service und die elektronische Auskunft können allein 40 Prozent der gesamten Anrufe für sich verbuchen.

Insgesamt beläuft sich übrigens der Betrag, den die Anbieter monatlich von der Post zurückbezahlt bekommen, auf drei Millionen Mark. Dagegen liegt die entsprechende Summe in Deutschland "nur" bei 40 000 bis 50 000 Mark monatlich.