Zankapfel Middleware spaltet die Entwicklergemeinde

1997: Softwerker am Scheideweg

10.01.1997

Die Verunglimpfung "Captive X" prägte Sun-CEO Scott McNealy, der damit werbewirksam deutlich machen wollte, daß sich Active-X-Entwickler vollständig in die proprietäre Windows-Welt von Microsoft begeben. Diesem Vorwurf begegnet die Gates-Company durch Einbindung zusätzlicher Systemplattformen.

Ende des ersten Quartals 1997 sollen Active-X-Komponenten bereits auf Macintosh- und Unix-Rechnern laufen können. Die Basistechnik für Active X, Microsofts Distributed Component Object Model (DCOM), wurde von der Software AG bereits im vergangenen Jahr auf Suns Solaris-Unix portiert.

Diesen Bemühungen steht der Marketing-Hype gegenüber, der seit geraumer Zeit rund um Suns Programmiersprache Java erzeugt wird. Der Produktname ist so positiv besetzt, daß sich Hersteller von Programmiersprachen, Softwarekomponenten, Betriebssystemen und sogar Computerchips darum reißen, ihre Produkte mit dem Label zieren zu dürfen. Doch auch im Java-Lager ist nicht alles Gold, was glänzt. Anwender beklagen die Langsamkeit der Sprache und den Mangel an Entwicklungswerkzeugen und Objektbibliotheken.

Sun will Java für Entwickler optimieren

Sun hat das Problem erkannt und will noch zu Beginn dieses Jahres die Performance unter Windows optimieren und die Bibliotheken in der nächsten Version des Java Development Kits verbessern. Sowohl Microsoft als auch Sun müssen mit Vorbehalten seitens der Entwickler kämpfen, handelt es sich doch sowohl bei Active X als auch bei Java um Systeme, die von einer einzigen Company beherrscht werden. Beide Anbieter reagieren auf diese Einwände mit der mehr oder weniger ernstzunehmenden Ankündigung, ihre Softwaretechniken an Kontrollgremien zwecks Standardisierung abzutreten.

Analysten wie Karen Boucher von der Standish Group International in Dennis, Massachusetts, melden allerdings Zweifel an, ob sich die Auseinandersetzung um die Vorherrschaft im Softwaremarkt überhaupt auf dieser Ebene abspielen wird. Active X sei für Microsoft lediglich als Technik interessant, mit der das Objektmodell DCOM durchgesetzt werden soll.

Dieses sei die zentrale Schaltstelle für die Kommunikation von Active-X-Komponenten im Netz. Wer sich auf dieser Ebene durchsetze, werde den Markt beherrschen. Je mehr Active-X-Programmierer Microsoft aktivieren könne, desto größer sei die Chance, daß sich DCOM behaupte. Das wiederum würde die Nachfrage nach Windows NT 4.0 anheizen, dessen Bestandteil DCOM ist. Bislang funktioniert diese Technik jedoch nur in reinen Windows-Umgebungen, ist also für heterogene Systemlandschaften unbrauchbar.

Gegen Microsofts Lösung konkurriert der offene Standard Common Object Request Broker Architecture (Corba), der von der Object Management Group (OMG) plattformunabhängig entwickelt wird. Java ist für den Einsatz in einer solchen Corba-Umgebung optimiert. Die Entscheidung fällt also zwischen einer offenen und einer proprietären Architektur.