Vorsicht bei Stellenausschreibungen

13.000 Euro Entschädigung wegen Benachteiligung

27.03.2012
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Renate Oettinger war Diplom-Kauffrau Dr. rer. pol. und arbeitete als freiberufliche Autorin, Lektorin und Textchefin in München. Ihre Fachbereiche waren Wirtschaft, Recht und IT. Zu ihren Kunden zählten neben den IDG-Redaktionen CIO, Computerwoche, TecChannel und ChannelPartner auch Siemens, Daimler und HypoVereinsbank sowie die Verlage Campus, Springer und Wolters Kluwer. Am 29. Januar 2021 ist Renate Oettinger verstorben.
Eine Stellenanzeige mit dem Wortlaut "Geschäftsführer gesucht" ist eine geschlechtsbezogene Benachteiligung
Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Berufsleben läßt in vielen Punkten immer noch zu wünschen übrig.
Die Gleichberechtigung von Männern und Frauen im Berufsleben läßt in vielen Punkten immer noch zu wünschen übrig.
Foto: Marem - Fotolia.com

Das Oberlandesgericht Karlsruhe hat einer Rechtsanwältin eine Entschädigung zugesprochen, die sich vergeblich auf eine Stellenanzeige "Geschäftsführer gesucht" beworben hatte. Darauf verweist der Stuttgarter Fachanwalt für Arbeitsrecht Michael Henn, Präsident des VDAA - Verband deutscher ArbeitsrechtsAnwälte e. V. mit Sitz in Stuttgart, unter Hinweis auf die Mitteilung des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe zu seinem Urteil vom 13.09.2011 - Az.: 17 U 99/10.

Der Fall

Die Beklagte ist ein mittelständisches Unternehmen. In ihrem Auftrag gab eine Rechtsanwaltskanzlei 2007 in den Badischen Neuesten Nachrichten nacheinander zwei Stellenanzeigen folgenden Inhalts auf: "Geschäftsführer im Mandantenauftrag zum nächstmöglichen Eintrittstermin gesucht für mittelständisches Unternehmen mit Sitz im Raum Karlsruhe. Fähigkeiten in Akquisition sowie Finanz- und Rechnungswesen sind erforderlich, Erfahrungen in Führungspositionen erwünscht. Frühere Tätigkeiten in der Branche nicht notwendig …"

Die auch als Rechtsanwältin zugelassene Klägerin war bereits 20 Jahre bei Versicherungsunternehmen tätig gewesen, zuletzt als Personalleiterin. Nachdem ihre Bewerbung nicht berücksichtigt worden war, meldete sie umgehend Entschädigungsansprüche in Höhe von knapp 25.000,00 EUR an und begehrte Auskunft über den Auftraggeber der Stellenanzeige. Den benannte die Rechtsanwaltskanzlei erst, nachdem sie vom Landgericht Karlsruhe im April 2008 dazu verurteilt worden war. Die danach erhobene Klage der Rechtsanwältin gegen das ausschreibende Unternehmen auf Entschädigung wegen geschlechtsbezogener Benachteiligung im Bewerbungsverfahren ist vom Landgericht Karlsruhe mit Urteil vom 22.03.2010 zurückgewiesen worden.

Die Berufung der Klägerin zum Oberlandesgericht Karlsruhe hatte teilweise Erfolg, so Henn.Mit dem am 13.09.2011 verkündeten Urteil hat der Senat der Klägerin eine Entschädigung in Höhe von ca. 13.000,00 EUR zugesprochen, die Klage im Übrigen abgewiesen.

Das Urteil

Der Senat hat ausgeführt, dass die Stellenausschreibung gegen das Benachteiligungsverbot des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 AGG) verstoße. Aufgrund dieses Verbotes dürfe nicht nach männlichen oder weiblichen Kandidaten gesucht werden. Geschlechtsneutral sei eine Ausschreibung nur formuliert, wenn sie sich in ihrer gesamten Ausdrucksweise sowohl an Frauen als auch an Männer richte. Dem sei jedenfalls dann Rechnung getragen, wenn die Berufsbezeichnung in männlicher und weiblicher Form verwendet oder ein geschlechtsneutraler Oberbegriff gewählt werde.

Diesen Vorgaben genüge die Stellenausschreibung hier nicht, da der Begriff "Geschäftsführer" eindeutig männlich sei und weder durch den Zusatz "/in" noch durch die Ergänzung "m/w" erweitert werde. Dieser männliche Begriff werde auch im weiteren Kontext der Anzeige nicht relativiert. Das AGG selbst spreche dagegen ausdrücklich von "Geschäftsführern und Geschäftsführerinnen".