IT-Transformation

10 teure Fehler im Outsourcing

18.02.2015
Von Johanna von Geyr

Wenn der Provider extra Geschäft macht

Veränderte Anforderungen, unterschätzte Aufwände und damit möglicherweise einhergehende Vertragsänderungen führen dazu, dass die Provider Aufgaben anpacken müssen, die zunächst nicht vorgesehen waren. In vielen Fällen einigen sich die Partner auf ein Vorgehen, mit dem beide Seiten gut leben können, wenn etwa Kunden die unterschätzten Aufwände selbst gar nicht abarbeiten können.

In einigen Fällen wird aber die Vertragsbindung des Kunden durchaus zum geschäftlichen Vorteil der Provider-Seite genutzt. Wie eine interne ISG-Studie festgestellt hat, wird die Kundenseite in der Transformation häufig in Verzug versetzt und jegliche Schuld dafür wird häufig dem Kunden zugeschrieben. Dies geschieht, um nachträgliche Zahlungen für Mehraufwände unterschiedlicher Art zu fordern. Beispiele hierfür sind erhöhte Aufwände durch fehlende Datenaufbereitungen in den Migrationen, längeres „Onboarding“ einzelner Geschäftsbereiche, fehlende Kunden-Ressourcen, parallele Projekte etc.

Die Liste möglicher Punkte ist lang und wenn nicht klar dokumentiert wurde, was der Kunde liefern muss und was der Provider, sitzt Letzterer schnell am längeren Hebel. Das Risiko eines Rücktritts durch den Kunden wird im Laufe der Transformation zunehmend geringer und damit auch die Stellschrauben auf der Kundenseite. Dies gilt es mit folgenden Maßnahmen zu verhindern:

1. Der eigene Transformationsplan

Elementar wichtig ist es, die richtigen Voraussetzungen bereits während der Vertragserstellung zu schaffen. Parallel zur Erstellung des Transformationsplans mit dem Provider sollte auch ein kundeninterner Transformationsplan erstellt werden, der die Aktivitäten, Aufwände, Bearbeitungszeit und Machbarkeit der Lieferung der Kundenmitwirkungsleistungen dokumentiert. Dies ist in der Praxis nicht selbstverständlich, da der Provider mit dem Transformationsplan in der Regel in Vorleistung geht. Dies beinhaltet aber weder die kundeneigenen Aufwände noch andere Projekte, welche der Provider nicht steuern kann.

Sollte sich bereits zu diesem Zeitpunkt herausstellen, dass der Kunde seine Beistellleistungen nicht erbringen kann, so gibt es zwei Szenarien. Das erste Szenario ist die Anpassung des Zeitplans und eventuelle Mehrkosten werden in Kauf genommen. Oder als zweites Szenario überträgt man Teile der Kundenmitwirkungspflicht auf den Provider, welches dann mit entsprechenden Zusatzkosten auf Kundenseite verbunden ist. Oftmals kalkulieren die Provider ein solches Zusatzgeschäft bereits während der Sourcing-Phase in ihren Business Case ein und sehen eine solche Situation daher nicht ungerne. Für die Unternehmen gilt es, beide Szenarien kommerziell abzuwägen und entsprechend zu entscheiden.

2. Mitwirkungs- und Beistellleistungen vertraglich dokumentieren

Gerät eine Transformation in Schieflage, so sind es beide Parteien, die sich zunächst auf nicht erfüllte Mitwirkungs- oder Beistellleistungen der anderen Partei beziehen. Hier gilt, je genauer diese im Vertrag dokumentiert und als Pflichten qualifiziert sind, desto einfacher lebt es sich am Ende in der Umsetzung des Vertrages. Klären die Vertragspartner bereits im Vorfeld die erforderlichen Mitwirkungsleistungen des Kunden und Provider, minimieren sie typische Transformationsrisiken. Unabdingbar ist vor allem die projektspezifische Konkretisierung der Mitwirkungsleistungen der Kundenseite.

Dazu gehören etwa die Kommunikation an den Endverbraucher, das Bereitstellen der notwendigen Daten für den Current Mode of Operation (CMO) sowie das Abstellen von Ressourcen. Je klarer die Mitwirkungsleistungen des Kunden und Provider bereits im Vertrag geregelt sind und bei der Transformation entsprechend umgesetzt werden können, desto wahrscheinlicher ist der Erfolg. Der Kunde sollte im Vorfeld des Vertragsschlusses prüfen, ob er in der Lage ist, die Mitwirkungsleistungen zu erbringen, etwa in fachlicher und zeitlicher Hinsicht. Gegebenenfalls wird er zusätzliche Mitarbeiter einstellen oder auf externe Ressourcen zurückgreifen müssen. Diese Kosten der Transformation müssen entsprechend in dem Business Case der Kundenseite eingerechnet sein.

3. Provider-Management und Beistell-Leistungen überwachen

Nur wenn man sich entsprechender Governance-Werkzeuge bedient, kann man die Stellschrauben im Vertrags-Management nutzen und auf nicht erfüllte Mitwirkungsleistungen und entsprechende Folgen hinweisen. Im Vertrag gilt es festzulegen, in welchen Fällen und in welcher Form solche Aufforderungen erfolgen müssen, beziehungsweise welche Pönalen anfallen.

Die Nutzung eines solchen Werkzeugs (Tracker) erfolgt entlang klarer Bausteine:

  1. Extrahieren der entsprechenden Passagen aus dem Vertrag und Überführung in den Tracker.

  2. Vorstellung des Trackers und Erstellung eines entsprechenden Prozesses zum Nutzen des Trackers in der Zusammenarbeit mit dem Provider (Governance Contract Management Kickoff). Einarbeiten des Feedbacks und Finalisierung des Trackers.

  3. Erstellen eines regelmäßigen Reportings für die entsprechenden Governance-Meetings der Transformation (inklusive kontinuierlicher Updates bei unterschriebenen Vertragsänderungen).