1. Teil

07.10.1977

Dr. Werner Dirlewanger, Institut für Informatik, Universität Stuttgart.

Das heute immer noch unbefriedigende Störverhalten der Anlagen ist das Thema, das sich Autor Dirlewanger diesmal vorgenommen hat. Anschließend werden Bemerkungen zum Thema Modularität gemacht.

Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit

- Durch grundlegende konzeptionelle Verbesserungen müssen Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit der Anlagen wesentlich verbessert werden. Die dazu in der Hardware (und auch in der Software) nötigen Maßnahmen dürfen durchaus - und im Gegensatz zu früheren Auffassungen, als man glaubte, sich keinen einzigen zusätzlichen Schaltkreis oder Speicherbit leisten zu können - einen nennenswerten Anteil an den Gesamtkosten der Anlage ausmachen.

- Prüfungen auf Richtigkeit und wenn möglich automatische Korrektur, sollen für alle Operationen, Transporte und Speichervorgänge erfolgen (zum Beispiel Dreierproben, Überwachung der Arithmetik und Logik in lückenloser Form, Befehlswiederholung bei falscher Ausführung, Abblockung sonstiger sporadischer Fehler), und zwar in allen Teilen der Anlage, einschließlich der gesamten Speicherhierarchie.

- Alle sporadischen Fehler, alle notwendigen Wiederholungen zu deren Überbrückung sowie alle bleibenden Fehler, alle notwendig gewordenen Abschaltungen von Anlagenteilen (Geräte, Prozessoren, Speicher) und verwandte Vorgänge sollen ausführlich protokolliert und in unverlierbarer Form auf einem geeigneten Medium abgespeichert werden. Es sollen Hilfen zur schnellen und bequemen Auswertung nach verschiedenen Gesichtspunkten vorhanden sein. Diese Hilfen, und alle erstellten Auswertungen, müssen dem Rechenzentrum von zugänglich sein.

- Alle Moduln, Geräte, Prozessoren und Anlagenteile müssen im laufenden Rechenbetrieb auf fehlerfreie Funktion getestet werden können beziehungsweise regelmäßig automatisch getestet werden. Dies ist konzeptionell in allen Teilen vorzusehen, und notwendige Zusatzeinheiten (Wartungsprozessoren, Wartungskonsole) sind in der Konfiguration vorzusehen. Die Maßnahmen müssen durch das Betriebssystem von unterstützt werden.

- Angaben über Güte und Zuverlässigkeit für alle Anlagenteile (Geräte, Speicher, Prozessoren) sowie Gerätegruppen wie etwa die Zentraleinheit müssen, so selbstverständlich wie sonstige technische Angaben, zu den von den Herstellern anzugebenden Daten zählen - und auch garantiert werden. Es sind Angaben von MTTR, MBF, Ausfallraten von Geräten und auch Angaben zum Leistungsabfall des Gesamtsystems bei Defekt eines Speichers, eines Prozessors und ähnliches zu machen.

- Die Anlage muß mit geringen Anforderungen an die Umgebungsbedingungen (das sind Temperatur, Feuchte, elektrostatische Effekte, Störimpulse und Kurzunterbrechungen des Netzes sowie Spannungsschwankungen) auskommen. Bei der Klimatisierung sollen solche Toleranzen ausreichen, wie sie auch für die Maschinenbediener ausreichend sind. Die E/A-Peripherie soll ohne spezielle Klimaanlagen betreibbar sein.

Modularität

- Alle zentralen Teile sollen mehrfach vorhanden sein. Somit ist ein Mehrprozessorkonzept nötig. Es sollen sowohl mehrere Rechenprozessoren wie auch mehrere E/A-Prozessoren gleichzeitig möglich sein, desgleichen mehrere autonome Hauptspeichereinheiten. Die Prozessoren sollen über einheitliche Schnittstellen angeschlossen sein. Es sollen für Sonderzwecke spezialisierte Prozessoren vorhanden sein (etwa speziell für technisch-wissenschaftliche Probleme, für kommerzielle Dinge, Graphic-Prozessoren, Arrayprozessoren,- Prozessoren mit besonderer Eignung zur Emulation anderer Systeme). Normal- und SpeziaIprozessoren sollen gleichzeitig betreibbar sein.

- Ausführliche und dem aktuellen Stand entsprechende Beschreibungen aller Hardwareschnittstellen zwischen Moduln müssen existieren und dem Rechenzentrum zugänglich sein.

- Die Schnittstellen sollen wenigstens innerhalb einer Rechnerfamilie möglichst einheitlich sein. Wenigstens herstellerinterne Standards sollen eingehalten sein. Die Schnittstellen sollen selten geändert, weiter "außen" liegende möglichst gar nicht geändert werden.

- Die Verbindung zwischen peripheren Geräten (wie Platten-, Band-, Trommelspeicher, E/A-Geräte, Frontendrechner) und der Zentraleinheit soll nicht aus mehr- oder vieladrigen Kabeln bestehen. Vielmehr soll ein einziges einadriges (Koaxial-) Kabel alle Daten- und Steuerinformationen transportieren. Falls die Übertragungskapazität nicht ausreicht, sollen nicht etwa mehrere Koaxialkabel verwendet werden, sondern andere Lösungen (zum Beispiel flexible Hohlleiter) angestrebt werden. Die Stromversorgung des Gerätes soll ebenso einfach angeschlossen sein (also einphasiger Stromanschluß, maximal ein Drehstromanschluß- in jedem Falle steckbare Verbindung). Damit wird erreicht, daß auch die oftmalige örtliche Umsetzung der Geräte leicht, schnell (und ohne Gefahr von Nachfolgestörungen wegen beschädigten oder "ausgeleierten" Verbindungen) durch Nicht-Fachperson möglich ist. Vorbildlich in diesem Sinn ist zum Beispiel der Anschluß von Bandspeichern und Papier-Peripherie im System TR 440 gelöst.

- Geeignete Schnittstellen zur leichten und schnellen Adaption eines breiten Spektrums von Satelliten- und Frontendrechnern - insbesondere auch von anderen Herstellern - sind nötig.