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Offshore-Dienstleister kämpfen gegen hohe Fluktuation

26.09.2005

MÜNCHEN (COMPUTERWOCHE) - Mit drastischen Maßnahmen wehren sich indische Offshore-Dienstleister gegen die hohe Fluktuation unter Softwarespezialisten. Wer als Hochschulabsolvent etwa bei Wipro oder Infosys Technologies einsteigt, muss beim Arbeitgeber eine Kaution hinterlegen, die erst nach Ablauf einer festgelegten Beschäftigungsdauer wieder ausbezahlt wird. Verlässt er das Unternehmen vor Ablauf der Frist, ist das Geld verloren.

Wipro beispielsweise verlangt von einigen Berufseinsteigern eine Gebühr von umgerechnet 1590 Dollar, die die Ausbildungskosten abdecken soll. Bleiben sie nach der Trainingsphase weitere zwölf Monate an Bord, erhalten sie die Kaution plus Bonuszahlungen zurück. Seit dem Start der Initiative im Juli 2004 habe Wipro rund 6000 Mitarbeiter unter solchen Bedingungen eingestellt, sagte Vice President Bijay Sahoo dem britischen Nachrichtendienst "Computerwire." Nur zwei bis drei Prozent der neuen Kollegen hätten vor der vereinbarten Frist gekündigt.

Eine ähnliche Strategie verfolgt Wipros Konkurrent Infosys. Die Höhe der Kaution richtet sich unter anderem nach dem Gehaltsniveau und den Trainingskosten. Firmenangaben zufolge haben bereits 8000 neue Mitarbeiter entsprechende Verträge unterzeichnet.

Hintergrund dieser Bemühungen ist die hohe Bereitschaft indischer IT-Spezialisten, den Arbeitgeber zu wechseln, um ihr Gehalt und ihre Karrierechancen zu verbessern. Laut einer aktuellen Studie, die der Industrieverband Nasscom gemeinsam mit der Unternehmensberatung McKinsey veröffentlichte, liegt die Fluktuationsrate in indischen IT-Unternehmen zwischen 20 und 30 Prozent. Angeheizt wird der Kampf um talentiertes Personal durch US-amerikanische Dienstleister, die mit attraktiven Gehältern Mitarbeiter von indischen Anbietern abwerben (siehe US-Dienstleister machen indischen Offshore-Anbietern Konkurrenz).

In seinem Offshore Market Report versucht Nasscom zugleich, die Bedeutung der Kautionsmodelle zu relativieren. Lediglich zehn bis 15 Prozent der indischen Software-Dienstleister hätten solche Programme aufgesetzt. Von einem industrieweiten Trend könne nicht die Rede sein. Dennoch zeigen sich die Offshore-Spezialisten überzeugt vom Erfolg ihrer Strategie: Im Ende Juni 2005 abgelaufenen Quartal gelang es Infosys eigenen Angaben zufolge, die Fluktuationsrate gegenüber dem Vorjahr von 11,7 auf 9,8 Prozent zu drücken. (wh)