AMDs Barcelona kommt im Sommer

01.02.2007
Nach jahrelanger technischer Überlegenheit ist Advanced Micro Devices mit seinen Server-Prozessoren "Opteron" nun wieder hinter Intel zurückgefallen. Mitte 2007 soll der neue Quad-Core-Chip das ändern.

AMD macht mit der Vierkern-CPU in vielfacher Hinsicht einen entscheidenden Schritt nach vorn. Der "Barcelona" wird als erster Server-Prozessor des Herstellers mit Strukturbreiten von 65 Nanometer und aus 300-Millimeter-Wafern gefertigt, was kleinere Baugrößen und geringere Produktionskosten ermöglicht. Er verfügt gleichzeitig über eine verbesserte Core- und Cache-Architektur (512 MB L2 pro Kern plus 2 MB Shared L3), bringt alle vier Kerne auf einem Stück Silizium mit schnellen internen Verbindungen unter - Intel steckt derzeit nur zwei Dual-Core-Chips in ein Package - und bietet dank "Nested Pages Acceleration" deutliche Fortschritte für virtualisierte Umgebungen.

Wie sich Intel und AMD den Markt teilen

Im vierten Quartal sind 25,3 Prozent aller Intel-kompatiblen Chips von AMD gekommen, erklärt Analyst Dean McCarron von Mercury Research. Ein Jahr zuvor betrug AMDs Marktanteil erst 23,3 Prozent; der aktuelle Wert ist der höchste, den AMD jemals erreicht hat. Das verdankt der Hersteller vor allem seinen "Athlon"- und "Turion"-Prozessoren - bei Desktops steigerte er sich von 24,4 auf 29,1 Prozent Markt- anteil und bei Notebooks von 15,1 auf 19,4 Prozent.

Bei Servern lief es für AMD zuletzt nicht ganz so rund, auch wenn der Hersteller mit seinen "Opterons" im Jahresvergleich von 16,4 auf 22,2 Prozent zulegte. Im vorhergehenden dritten Quartal hatte der Markanteil allerdings schon einmal 23,6 Prozent betragen. Hier macht sich bemerkbar, dass Intel zunächst mit seinem "Woodcrest"-Xeon und dann auch mit dessen Quad-Core-Zwilling "Cloverton" wieder einiges an zuvor verlorenem Boden gutmachen konnte.

Insgesamt kamen im vierten Quartal 74,4 Prozent aller x86-Prozessoren von Intel (Vorjahreszeit: 76 Prozent).

Stromhunger bleibt

In einem anderen wichtigen Punkt hingegen unterscheidet sich Barcelona nicht von den übrigen Opterons: Die Leistungsaufnahme ("Thermal Design Point") bleibt bei 95 Watt für die normale und 68 Watt für die Stromsparausführung. Der Chip passt nach einem BIOS-Upgrade in bestehende Socket-F-Server, so dass Anwender vorhandene Rechner einfach aufrüsten können.

Die Floating-Point-Einheit hat AMD vollständig auf 128 Bit erweitert - anders als bei Intel, wo Instruction-Fetch- und Daten-Cache-Bandbreite noch mit 64 Bit arbeiten und damit entsprechende Flaschenhälse bilden. AMDs "SSE 128" hat außerdem einen dedizierten Fließkomma-Scheduler mit 36 Entries; der von Intel hat nur 32 Entries und muss diese zudem zwischen Integer und FP teilen. AMD erwartet im Floating-Point-Bereich für den Barcelona mehr als 80 Prozent Leistungsgewinn pro Core für ausgewählte Applikationen.

Insgesamt erwartet Patrick Patla, Director Server Workstation Division von AMD, dass sich sein Unternehmen mit Erscheinen des Barcelona einen Leistungsvorsprung von 40 Prozent vor Intel und dessen "Pseudo-Quad-Core"-Xeons verschaffen kann. Den braucht der Hersteller auch dringend, denn speziell im unteren Marktsegment mit Uniprozessor-Servern kann AMD noch immer keine nennenswerten Anteile vorweisen - es gibt bislang nur zwei Opteron-Server mit einer CPU: IBMs "System x3105" und die "Sun Fire X2100". Hier sieht der Chiphersteller ein "enormes Volumenpotenzial".

Einen Vorteil gegenüber Intel sieht AMD auch in ganz anderer Hinsicht: Aufgrund der deutlichen Mehrleistung gebe es keinen Anlass, die Preise gegenüber den derzeitigen Dual-Core-Opterons zu senken, so dass man aufgrund der günstigeren Fertigung mehr Marge erzielen könne.

Vermutlich keine Nachfrage

Allerdings bezweifeln Analysten, dass der Markt für Quad-Core-Prozessoren überhaupt schon reif ist, da es kaum Software gibt, die schon genügend parallelisiert ist, um die neue Technik auszureizen. "Wir befürchten, dass das Quad-Core-Computing zu schnell kommt", warnt beispielsweise John Enck von Gartner. "Es handelt sich um einen Wettlauf zwischen Intel und AMD. Wir sind jetzt an einem Punkt angelangt, wo mehr Technologie angeboten wird als wir überhaupt nutzen können." Ein Hinweis auf diese übermäßige Rechenleistung sei die wachsende Nutzung von Virtualisierungstechnik, so Enck. Viele Unternehmen suchten nach Zusatzaufgaben, um die teuren Server zu rechtfertigen, die oft nur zu 15 oder 25 Prozent ausgelastet liefen. (tc)