Kaufen, machen oder lassen

12.01.2007
Verlage präsentieren sich oft janusköpfig: Während das journalistische Fußvolk dem letzten Trend aus Übersee hinterherhechelt, laufen die Prozesse bei den Entscheidern etwas bedächtiger ab. Die Geschichte Roms ist schließlich auch nicht an einem Tag geschrieben worden.

Sobald sich die Heeresleitungen dann aber doch zu einer Reaktion durchgerungen haben, wird richtig auf die Sahne gehauen. So geschehen bei der Stuttgarter Verlagsgruppe Holtzbrinck, die Anfang des Jahres die Online-Community „StudiVZ“ übernommen hat, eine Profilsammlung und Kommunikationsplattform deutscher Studenten. Für angeblich eine Million aktive Mitglieder legte der Verlag angeblich zwischen 50 und 100 Millionen Euro auf den Tisch und erhält im Gegenzug die Adressen und die Aufmerksamkeit der eines Tages angeblich kaufkräftigen Akademiker.

Endlich hat auch Holtzbrinck Web 2.0 installiert. Angenommen, der Verlag hätte vor einem Jahr 25 innovative und kompetente Freelancer angeheuert, die Idee aus den USA kopiert (wie Studi VZ) und eine stabile sowie sichere Plattform entwickelt (anders als Studi VZ): Das Budget hätte keine fünf Millionen Euro betragen, ein Zehntel der jetzt kolportierten Kaufsumme. Man hätte sogar mehrere Teams gegeneinander antreten lassen können, um die schlechtesten Projekte hinterher an die Konkurrenz zu verscherbeln. Oder an die Börse zu bringen. Holtzbrinck hätte tatsächlich versuchen können, etwas Eigenes zu entwickeln, um den Markt anzuführen. Doch das Budget hierfür wäre wohl niemals bewilligt worden, denn bekannt ist: Interne Lösungen sind stets suboptimal, und teurer ist immer besser.