Mainframe vs. Open Systems

Der Mainframe bleibt – offene Systeme aber auch

18.02.2009
Von 
Uli Ries ist freier Journalist in München.
Anzeige  Für Mainframe-Kunden lautet die Frage nicht „entweder Mainframe, oder Open System“. Sie setzen einfach auf beide Server-Welten. Das bestätigt die IBM-Nutzervereinigung. Ein komplettes Abwandern der Mainframes in die Cloud wird es wohl nicht geben. Wohl aber harte Diskussionen mit IBM um den Preis von Softwarelizenzen.

Oft totgesagt, ist IBMs Mainframe nach wie vor quicklebendig. Glaubt man Dr. Michael Weiß, dem Regional Manager der IBM-Nutzervereinigung Guide Share Europe, wird das auch noch sehr lange so bleiben. Denn seiner Ansicht nach werden große Unternehmen wie Banken und Versicherungen ihre Kernanwendungen auch in absehbarer Zeit nicht portieren – und wenn doch, dann von z/OS auf z/Linux. Gleichwohl sieht Weiß aber eine Koexistenz von sogenannten Open Systems – also Servern auf Basis von x86- oder IA64-Prozessoren – und Mainframes. Weiß, der im Hauptberuf mitverantwortlich ist für die IT-Systeme der HUK Coburg, sieht in der Praxis immer wieder einen friedlichen Mix aus Mainframes und Open Systems. Oftmals werden neue Anwendungen aus Zeit- und Effizienzgründen zuerst ausführlich auf offenen Systemen getestet, bevor sie dann irgendwann auf den Mainframe wandern.

Der Guide-Share-Vertreter widersprach bei einer Diskussionsrunde auch Cees de Jong. De Jong ist Senior Vice President bei beim IT-Dienstleister Atos Origin und glaubt, dass die Zukunft der Mainframes in der Cloud liegen. Atos betreibt mehrere Mainframes in einem Rechenzentrum und hosted darauf 112 verschiedene Anwendungen von Kunden, die ausschließlich per Internet auf die Applikationen zugreifen. Weiß glaubt jedoch, dass dies nur eine Ergänzung zum hauseigenen Rechenzentrum sein kann. Noch möchte seiner Meinung nach kein Mainframe-Nutzer seine kritischen Anwendungen komplett aus der Hand geben. „Nicht alles, was auf den ersten Blick gut und preiswert erscheint, bleibt es auch“, sagt Weiß. Er befürchtet einen Verlust an firmeneigenem IT-Know-How und vor allem Kostentransparenz.

Dabei sind sich Weiß und de Jong hingegen beim Thema Kosten durchaus einig: Beide fühlen sich durch die Dominanz von IBM bei Preisverhandlungen in die Ecke gedrängt. So bemängelt Weiß den fehlenden Wettbewerb, vor allem im Software-Umfeld. Laut Weiß kauft IBM immer mehr unabhängige Softwarehersteller und deren Produkte auf, so dass deren Kunden nicht nur beim Hardwarekauf ausschließlich mit IBM verhandeln, sondern auch bei Softwarelizenzen. Cees de Jong hat nach eigener Auskunft nur dann eine Chance auf günstige Softwarelizenzen, wenn er die Mainframe-Applikationen im Paket mit Software für Open Systems lizenziert. Denn bei den offenen Systemen hätte Atos durchaus die Wahl, auf günstigere Lieferanten zuzugreifen. Somit kann de Joong unterm Strich günstigere Preise für die Mainframe-Lizenzen aushandeln.

Überhaupt habe der Markteintritt der Open Systems für positiven Wirbel im Mainframe-Umfeld gesorgt. Denn laut de Joong sehen IT-Verantwortliche leistungsstarke Itanium-Server durchaus als Alternative zum Mainframe. Durch die im Open-Systems-Umfeld niedrigeren Softwarepreise werden die Maschinen zusätzlich interessant. Ob als direkte Reaktion auf diese Konkurrenz oder nicht: IBM musste nachziehen und bietet laut Roland Trauner, Senior IT-Consultant bei IBM, inzwischen Mainframes in verschiedenen Leistungsklassen an – und natürlich zu insgesamt niedrigeren Preisen als vor dem Marktstart der IA64-Systeme.