Server-Virtualisierung unter Linux

KVM-Workshop für Ubuntu

29.12.2013
Von 
Michael Kofler (http://kofler.info/) ist freiberuflicher Computerbuch-Autor und IT-Trainer. Er hat zuletzt ein Java-eBook veröffentlicht.
Wir zeigen am Beispiel Ubuntu Linux, wie Sie mit Kernel Virtual Machine (KVM) virtuelle Maschinen unter Linux einrichten und verwalten.
Server virtualisieren mit Kernel Virtual Machine (KVM).
Server virtualisieren mit Kernel Virtual Machine (KVM).
Foto: Fotolia.com, pixeltrap; Kofler

Kernel Virtual Machine (KVM) ist ein verhältnismäßig neues Virtualisierungsystem für Linux. KVM wird vorwiegend zur Server-Virtualisierung eingesetzt, also immer dann, wenn mehrere Linux-Server-Distributionen auf einem einzigen physikalischen Rechner auszuführen sind. Dieser Workshop führt Sie in die Grundzüge von KVM ein.

Seinen größten Unterstützer findet KVM in Red Hat. Dessen Distribution Red Hat Enterprise Linux setzt seit Version 6 bei der Virtualisierung voll auf KVM, das damit Xen ablöst. Daneben bietet Red Hat auch spezielle Virtualisierungssysteme an und begibt sich so mit KVM in direkter Konkurrenz zu VMware. Es muss aber durchaus nicht Red Hat Enterprise Linux sein: Nahezu jede gängige Linux-Distribution ist geeignet, um KVM auszuprobieren und kennenzulernen. Als Basis für diesen Workshop dient Ubuntu 12.04 LTS.

KVM installieren unter Ubuntu Linux

Um KVM und die dazugehörenden Administrationswerkzeuge und -bibliotheken zu installieren, führen Sie unter Ubuntu die folgenden Kommandos aus:

apt-get install qemu-kvm libvirt-bin virt-manager

adduser <loginname> libvirtd

Das adduser-Kommando fügt den angegebenen Benutzer zur libvirtd-Gruppe hinzu. Das ist notwendig, damit die KVM-Werkzeuge ohne root-Rechte ausgeführt werden können. Damit die Änderung wirksam wird, müssen Sie sich aus- und neu einloggen.

Zuletzt überprüfen Sie mit dem Kommando kvm-ok, ob Ihre CPU die für KVM erforderlichen Virtualisierungsfunktionen enthält. Das Ergebnis muss so aussehen:

kvm-ok

INFO: /dev/kvm existsKVM acceleration can be used

Wenn Ihr Rechner mit einer CPU ohne Virtualisierungsfunktionen ausgestattet ist, können Sie die Virtualisierungsfunktionen dennoch testen. Die Virtualisierung erfolgt dann durch QEMU statt durch KVM. Die virtuellen Maschinen laufen dann allerdings um den Faktor vier bis fünf langsamer.

Der Virtual Machine Manager

Der Virtual Machine Manager mit drei gleichzeitig laufenden virtuellen Maschinen.
Der Virtual Machine Manager mit drei gleichzeitig laufenden virtuellen Maschinen.
Foto: Michael Kofler

Wie jedes "richtige" Unix/Linux-Werkzeug kann KVM vollständig durch Kommandos im Terminal gesteuert werden. Für den Virtualisierungseinstieg ist es aber zweckmäßiger, den Virtual Machine Manager einzusetzen. Diese grafische Benutzeroberfläche hat gewisse Ähnlichkeiten zu VMware Workstation oder VirtualBox, ist aber zugegebenerweise nicht ganz so intuitiv zu bedienen.

Nach dem ersten Start zeigt der Virtual Machine Manager lediglich den Eintrag localhost (QEMU) an. Das bedeutet, dass eine Verbindung zum libvirt-Dämon auf dem lokalen Rechner hergestellt werden konnte. Dieses Programm ist für die Ausführung der virtuellen Maschinen verantwortlich. Der Virtual Machine Manager dient also genau genommen nur zur Steuerung dieses Programms.

Mit dem Virtual Machine Manager können Sie auch einen KVM-Host im Netzwerk steuern. Dazu führen Sie Datei|Verbindung hinzufügen aus und geben im Verbindungsdialog den Hostnamen des KVM-Hosts sowie den Loginnamen an. Die Verbindung erfolgt via Secure Shell (SSH).

Neue virtuelle Maschinen unter Linux einrichten

Um eine neue virtuelle Maschine einzurichten, benötigen Sie eine CD oder DVD einer Linux-Distribution oder, noch besser, die entsprechende ISO-Datei. Mit dem Button Neue virtuelle Maschine erstellen starten Sie einen Assistenten, mit dem Sie in fünf Schritten die Eckdaten der virtuellen Maschine einstellen.

  • Im ersten Schritt geben Sie den Namen der virtuellen Maschine und deren Installationsquelle (im Regelfall eine ISO-Datei) an.

  • Im zweiten Schritt geben Sie den Dateinamen der ISO-Datei an. Dabei müssen Sie im Dialog Laufwerk mit dem ISO-Abbild auswählen auf den Button Lokal durchsuchen klicken. Außerdem müssen Sie den Typ des Betriebssystems der virtuellen Maschine angeben. Diese Einstellung ermöglicht es dem Assistenten, die (virtuellen) Hardware-Komponenten zu optimieren.

  • Im dritten Schritt geben Sie an, wie viel Speicher (RAM) und wie viele CPU-Cores Sie der virtuellen Maschine zuweisen möchten.

  • Im vierten Schritt richten Sie die virtuelle Festplatte ein. Normalerweise werden Sie die bereits vorselektierte Option Plattenabbild auf Festplatte des Systems erstellen nutzen. Die neue Image-Datei wird standardmäßig im Verzeichnis var/lib/libvirt/images angelegt. Beachten Sie, dass nachträgliche Änderungen der Festplattengröße nicht ohne weiteres möglich sind!

  • Im fünften Schritt können Sie schließlich in den Erweiterten Optionen die Netzwerkschnittstelle konfigurieren. Standardmäßig wird die virtuelle Maschine mittels NAT (Network Address Translation) mit dem Hostsystem verbunden. Damit kann die virtuelle Maschine den Internetzugang des Host-Rechners nutzen, aber keine Verbindungen zu anderen Rechnern in Ihrem lokalen Netzwerk herstellen. Für Testzwecke ist das die ideale Einstellung.

Der Assistent zum Einrichten neuer virtueller Maschinen.
Der Assistent zum Einrichten neuer virtueller Maschinen.
Foto: Michael Kofler

Mit Abschluss der Konfiguration wird die neue virtuelle Maschine sofort gestartet. In einem Fenster sehen Sie die Grafikausgaben der virtuellen Maschine und können per Tastatur und Maus die Installation steuern. Die eigentliche Linux-Installation unterscheidet sich nicht von einer Installation auf einem realen Rechner.

Das Fenster der virtuellen Maschine kann jederzeit geschlossen werden, ohne die Ausführung der virtuellen Maschine zu beeinträchtigen. Sie können sich auch aus- und neu einloggen, den Virtual Machine Manager neu starten und dann die Verwaltung der weiterhin laufenden virtuellen Maschinen fortsetzen.

Im Video: Neue virtuelle Maschine einrichten

Hardware-Einstellungen

Die Hardware-Einstellungen der virtuellen Maschine.
Die Hardware-Einstellungen der virtuellen Maschine.
Foto: Michael Kofler

Wenn Sie beim Einrichten der virtuellen Maschine die Default-Einstellungen beibehalten, gelten unter anderem die folgenden Hardware-Einstellungen: der virtuellen Maschine wird ein CPU-Core zugewiesen, sie verfügt über 1 GByte RAM, einen virtio-Netzwerkadapter, eine virtio-Festplatte sowie eine Cirrus-kompatible VGA-Karte mit einer Auflösung von maximal 1024 x 768 Pixeln. virtio-Komponenten nutzen spezielle Linux-Treiber, die eine besonders effiziente Hardware-Emulation ermöglichen.

Viele Parameter einer virtuellen Maschine können Sie später ändern. Dazu öffnen Sie mit einem Doppelklick das Fenster der virtuellen Maschine und wechseln dann in die sogenannte Detailansicht (Anzeigen|Details). Die meisten Hardware-Modifikationen werden erst beim nächsten Neustart der virtuellen Maschine wirksam.

Wenn Sie das Grafiksystem einer virtuellen Linux-Maschine nutzen möchten, ist die geringe Auflösung von 1024*768 Pixel störend. Das lässt sich leicht beheben, wenn Sie im Dialogblatt Video das Model vmvga einstellen. Diese virtuelle Grafikkarte ist kompatibel zu der von VMware. Bei den meisten Linux-Distributionen stehen standardmäßig passende Treiber zur Verfügung. Die Grafikauflösung ist damit nahezu unlimitiert. 3D-Funktionen werden aber nicht unterstützt. In diesem Punkt kann KVM nicht mit anderen Virtualisierungssystemen mithalten. Für den Server-Einsatz ist diese Funktion indes nur von geringer Bedeutung.

Im Video: Ubuntu Server als Gastsystem installieren