Modernes ERP

Belastungsprobe für die ERP-Architekturen

09.10.2012
Von 
Martin Bayer ist Chefredakteur von COMPUTERWOCHE, CIO und CSO. Spezialgebiet Business-Software: Business Intelligence, Big Data, CRM, ECM und ERP.
Steigende Geschäftsanforderungen bezüglich der Flexibilität und neue Techniken rund um Cloud Computing, Mobility und In-Memory-Computing fordern die ERP-Systeme. Anwender müssen reagieren.
Belastungsprobe für die ERP-Architekturen.
Belastungsprobe für die ERP-Architekturen.
Foto: fotolia.com/ArchMen

Unternehmenswachstum ankurbeln, neue Kunden gewinnen, Betriebskosten senken und die Entwicklung neuer Produkte und Services sicherstellen - das sind die wichtigsten Business-Prioritäten, um die sich CIOs in diesem Jahr kümmern wollen, haben die Analysten von Gartner ermittelt. Wie wichtig dabei eine solide Basis rund um das Enterprise-Resource-Planning-System (ERP-System) ist, zeigt ein Blick auf die technischen Prioritäten der IT-Verantwortlichen. Neben Business Analytics, Mobility und Cloud Computing taucht in der Top-Ten-Liste 2012 erstmals seit Jahren wieder das Thema ERP auf.

Die Herausforderungen

Experten sind sich einig, dass der Druck auf die Verantwortlichen wächst, sich in Sachen Business-Software besser aufzustellen. "Die Unternehmen stehen vor der Herausforderung, dass sie ihre ERP-Systeme in immer kürzeren Zyklen anpassen müssen", konstatiert Frank Niemann, Principal Consultant für den Bereich Software bei Pierre Audoin Consultants (PAC). Dabei gerate ERP von verschiedenen Seiten unter Druck. Der immer härtere Wettbewerb erfordere, die eigene Geschäftsstrategie kontinuierlich zu hinterfragen. Unternehmen müssten ihre Produkte und Preise laufend den Gegebenheiten des Markts anpassen. Darüber hinaus stellten immer mehr Nutzer immer höhere Anforderungen. "Sie wollen nicht mehr nur Transaktionen abwickeln, sondern mehr Entscheidungsunterstützung", sagt Niemann.

Um diese Herausforderungen meistern zu können, brauchen die Unternehmen moderne ERP-Systeme. Doch davon sind die meisten weit entfernt. "In vielen Unternehmen werden noch ältere Versionen von ERP-Systemen eingesetzt, die in ihrer Architektur historisch bedingt eher monolithisch und somit den aktuellen Anforderungen nur eingeschränkt oder nicht gewachsen sind", ziehen Vertreter der Deutschen Baan Usergroup (DbuG) Bilanz.

Viele Anwendungen entstammten einer über Jahre hinweg gewachsenen ERP-Landschaft, bestätigt Uwe Günzel, Vice President im Bereich Application Services von Capgemini. Dabei ließen sich zwei Ausprägungen unterscheiden:

  • zentral mit einem starren, monolithisch geprägten ERP-System, mit dem das gesamte Unternehmen arbeitet, oder

  • dezentral mit vielen lokalen oder funktio-nal spezialisierten ERP-Systemen.

"Beide Ausprägungen sind nur bedingt dafür geeignet, sich mit neuen Techniken auseinanderzusetzen", lautet das Fazit des Capgemini-Experten. "Mit den herkömmlichen Architekturen stoßen viele Unternehmen an die Grenzen."

So sollte modernes ERP aussehen

Geschäftsprozesse wandeln sich immer schneller. Die Unternehmen müssen daher von ihren ERP-Systemen ein hohes Maß an Flexibilität und Reaktionsschnelligkeit einfordern. Norbert Gronau von der Universität Potsdam hat sieben Kriterien definiert, anhand derer sich die Wandlungsfähigkeit von ERP-Systemen bestimmen lässt:

Skalierbarkeit definiert, wie sich das System an die Menge der zu verarbeitenden Informationen anpassen lässt. Die Skalierung muss nach oben und nach unten möglich sein.

Modularität bedeutet die Möglichkeit, gekapselte Funktionsservices beliebig zu kombinieren, zu entfernen und wiederzuverwenden. Client-Server-Modelle werden dafür zu komplex. Eine Lösung können Peer-to-Peer-Systeme und Service-orientierte Architekturen sein.

Verfügbarkeit besagt, dass das ERP-System mit jedem Endgerät und Medium, von jedem Ort und zu jeder Zeit erreichbar und nutzbar sein muss.

Unabhängigkeit bedeutet, dass das ERP-System, was das Betriebssystem oder die Hardware betrifft, keinen Abhängigkeiten oder Restriktionen unterliegen darf.

Interoperabilität gewährleistet den einfachen Zugang des Systems zu Daten und Ressourcen eines Prozesses und verknüpft unterschiedliche Informationssysteme.

Selbstorganisation beschreibt selbstregulierende Mechanismen. Die Systeme sind in der Lage, ihre innere Struktur und Architektur ganz oder teilweise selbst zu bestimmen.

Selbstähnlichkeit gibt Auskunft darüber, inwieweit in der ERP-Bedienung gleiche Muster auftreten. Das erleichtert es den Anwendern, das ERP-System zu erlernen und zu bedienen.