Immer weniger R/3-Anwender

Bye, Bye R/3

29.04.2010
Von RAAD Research
Langsam heißt es Abschied nehmen von dem Produkt, das ab 1993 den weltweiten Erfolg der SAP begründete. Der Anteil der SAP Kunden in Deutschland, die als ERP-Suite nur R/3 einsetzen, wird in den kommenden 12 Monaten um 11 Prozentpunkte auf dann 19 Prozent der SAP-Kundenbasis zurückgehen. Dies ergab eine Umfrage von RAAD bei mehr als 1.800 SAP-Bestandskunden, die im Januar 2010 abgeschlossen wurde.

Lange Jahre hat es gedauert, bis die SAP ihre Kunden in Deutschland von der Migration zu SAP ERP überzeugen konnte. Zu innig war die Beziehung der IT-Abteilungen zum R/3-Produkt bzw. zu hoch die Investitionen in und die Zufriedenheit mit den R/3-Systemen. Innerhalb der letzten fünf Jahre ist der Anteil der Kunden, die nur R/3-Systeme einsetzen, dann aber von über 90 Prozent auf demnächst 19 Prozent gefallen. Den Hauptteil dieser Systeme werden mit 14 Prozent die 2003 auf den Markt gebrachten, noch relativ modernen, R/3-Enterprise-Systeme ausmachen, deren Anteil an der gesamten SAP-Gesamtkundschaft noch bis zum Jahr 2007 kontinuierlich zugenommen hatte. Die restlichen R/3-Systeme (fünf Prozent) haben ein Release 4.6.C/D oder älter, sodass man auch heute noch Kunden mit einem R/3-Release 3.1. findet.

Anteile der R/3-Anwender an der SAP-Bestandskunschaft
Anteile der R/3-Anwender an der SAP-Bestandskunschaft
Foto: RAAD Research

Was sind das für Unternehmen, die zum jeztigen Zeitpunkt noch ein R/3-System einsetzen und bisher keine Planungsabsichten hinsichtlich einer Migration zu SAP ERP haben? In den meisten Fällen handelt es sich um mittelständische Unternehmen aus den Branchen Dienstleistungen, Maschinenbau & industrielle Fertigung, Handel, Rohstoffe & Rohstoffverarbeitung sowie Elektrotechnik und Hightech, die meist weniger als 500 Mitarbeiter haben – ca. 70 Prozent der Unternehmen. Mittelständisch ist hierbei allerdings relativ zu sehen, da der Anteil konzernverbundener Entitäten bei über 50 Prozent liegt. Insgesamt ist bei diesen Unternehmen allerdings eine Investitionszurückhaltung hinsichtlich SAP festzustellen, da die Verbreitung von SAP-Software niedriger ist als in Unternehmen, die heute beispielsweise den SAP Netweaver einsetzen. Das heißt SAP ist in einzelnen Bereichen wie Finanzen und Personal gesetzt, aber funktionale Erweiterungen sind bei diesen R/3-Anwendern in den letzten Jahren eher die Ausnahme gewesen. Es sind allerdings durchaus auch komplexere SAP-Landschaften anzutreffen, denn mehr als die Hälfte der Unternehmen hat ein breiteres Spektrum als den Moduldreiklang aus FI, CO und HR im Einsatz. Diese komplexeren Landschaften sind allerdings nicht in den zurückliegenden drei bis vier Jahren entstanden, sondern kurz vor und kurz nach der Jahrtausendwende.

Aufgrund der sich wenig verändernden SAP-Systemlandschaften bei den R/3-Anwendern könnte man annehmen, dass diese Unternehmen sich im Zuge der Enterprise Support-Debatte vermehrt mit dem Thema alternative Wartungsanbieter auseinandersetzen. Gerade Systeme, die eingefroren sind oder werden sollen, bieten sich für ein Drittwartungsmodell an, um einen gewissen Prozentsatz an Wartungsgebühren zu sparen. Anbieter von Drittwartungsangeboten für SAP-Software übernehmen in der Regel die Wartung für vorher eindeutig festgelegte SAP-Systemgrenzen. Die Verantwortung von nachträglich implementierter Software ist, anders als bei SAP selbst, meist nicht Bestandteil des Wartungsvertrages.

In einer gesonderten Befragung, die im Dezember 2009 abgeschlossen wurde, fragte RAAD mehr als 300 SAP-Anwender danach, ob sie schon Nutzer des Enterprise Support-Modells der SAP sind bzw. wenn dies nicht der Fall ist, ob die Unternehmen die Nutzung des Enterprise Supports planen, bzw. ob sie sich mit alternativen Wartungsanbietern beschäftigen. Interessant ist, dass die heutigen R/3-Anwender, die bisher auch keine Migration zu SAP ERP planen, nicht weniger intensiv das Enterprise Support-Modell nutzen als der Gesamtmarkt. Dies liegt zum einen daran, dass der Wartungssatz hierbei aktuell günstiger ist als die erweiterte Wartung von 22 Prozent. Zum anderen handelt es sich um Konzernentitäten mit alten R/3-Systemen, deren Supportverträge über die Muttergesellschaft abgewickelt werden. Weiterhin äußerte keiner der R/3-Anwender die Absicht, sich mit alternativen Wartungsmodellen auseinanderzusetzen. Im Vergleich dazu konnte festgestellt werden, dass ca. 5 Prozent der SAP ERP-Kunden zumindest über Alternativen in der Wartung nachdenken.

Dass dies bei den R/3-Kunden nicht der Fall ist, zeigt, dass diese ihre Systeme zumindest kurzfristig in gewohnter Weise und im Sinne der SAP-Wartungsstrategie weiterbetreiben wollen. Derweil verabschieden sich immer mehr Unternehmen von ihrem geliebten R/3 und so bleibt auch dem Markt mehr und mehr nur noch ein leises „Byebye R/3“.

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