SOA-Mythen im Reality Check

06.08.2007
Von Dieter Masak und Kerstin Kaiser
Was haben SOA-Befürworter und Missionare gemeinsam? Beide versprechen bei der Befolgung ihrer Ansichten das Paradies, Kritikern drohen Sie mit ewigem Fegefeuer.

Die Eigenschaften einer SOA wurden in den letzten Jahren immer häufiger hoch gelobt und zum Nonplusultra erklärt. Aber was daran ist Wirklichkeit und was Wunschdenken? Die erste Idee von SOA stammt aus einem Papier der Gartner Group aus dem Jahr 1996. Das Konzept war als eine Maßnahme zur Strukturierung von Organisationen gedacht, damit diese ihre Prozesse effektiver gestalten können. In den allgemeinen IT-Jargon wurde der Begriff erst nach dem Jahr 2000 übernommen; bis dahin war die IT-Branche mit Themen wie dem Y2K-Problem oder Offshoring beschäftigt.

Kernaussagen

  • SOA wird als Allheilmittel verkauft – dabei ist SOA schwer zu implementieren.

  • SOA soll alles billiger machen – die wirklichen Kostentreiber werden nicht adressiert.

  • SOA macht die Entwicklung schneller – wie in einer SOA entwickelt wird, weiß keiner so recht.

  • SOA erhöht das Alignment – Plattitüden werden durch wiederholte Behauptung nicht wahr.

Heute wird SOA primär aus dem Blickwinkel der Technik propagiert, obwohl alle Beteiligten nicht müde werden, den Wert einer SOA für das Business zu postulieren. Der Hauptgrund für dieses Interesse liegt nicht darin, dass Unternehmen dringenden Handlungsbedarf im Umfeld von SOA sehen. Vielmehr erhoffen sich einige davon ein Milliardengeschäft. Die Versprechungen im Zusammenhang mit Service-orientierten Architekturen sind immens. Besonders gefördert werden sie durch die implizite Allianz aus Werkzeugherstellern und Beratern: Beide haben ein großes Interesse, am SOA-Hype zu partizipieren. Wie schon bei vergangenen IT-Hypes üblich, versprechen Hersteller und Consulting-Unternehmen stets, dass mit einer SOA alles besser wird. Die Rede ist von einer Revolution mit immensen Einsparungen. Dabei liest sich die Liste der Versprechungen wie ein Wunschzettel jeder Organisation, die in großem Umfang IT einsetzt:

  • SOA ermöglicht es, einfach und schnell auf Veränderungen zu reagieren, nicht nur funktional sondern auch geographisch und in Bezug auf die gewählte Plattform oder den Lieferanten. (Mythos 1: Agilität)

  • SOA unterstützt kurze Produktlebenszyklen. (Mythos 1: Agilität)

  • Die Integration mit internen und externen Partnern wird einfacher. (Mythos 2: Integration)

  • Das Benutzen von Standards sichert Interoperabilität. (Mythos 2: Integration)

  • Der Return on Investment verbessert sich durch den Einsatz von austauschbaren Services. (Mythos 3: Kostenersparnis)

  • Entwicklungskosten sinken. (Mythos 3: Kostenersparnis)

  • Geschäftsprozesse werden direkt in die IT abgebildet. Mythos 4: Alignment)

  • Durch die Einführung von SOA und Services erhöht sich die Datenqualität. (Mythos 5: Qualität)

  • Die Wiederverwendung wird vereinfacht. (Mythos 6: Wiederverwendung)

  • IT-Governance wird einfacher. (Mythos 7: Entwicklung)

  • Services, speziell Webservices, benötigen keine Programmierung. (Mythos 7: Entwicklung)

Diese SOA-Mythen werden im Folgenden genauer betrachtet. Jeder der Punkte stellt ein Problem dar, mit dem IT-Organisationen auf die eine oder andere Art zu kämpfen haben. Es kann sich dabei auch um implizite Erwartungen handeln, die aus Kundensicht formuliert werden. Generell sind die meisten dieser Probleme weniger technisch als organisatorisch oder prozessbedingt. Das hat zur Folge, dass eine SOA in der Praxis nur in einem sehr engen Rahmen und nur unter ganz speziellen Bedingungen helfen kann.

Fazit: Am Ende bleibt festzustellen, dass keines dieser Versprechen wirklich gehalten werden kann!