Service-orientierte Architekturen

Studie: Deutsche Unternehmen machen mit SOA Fortschritte

27.02.2008
Mit Projekten zum Einführen einer Service-orientierten Architektur (SOA) sind Organisationen aus dem deutschsprachigen Raum im vergangenen Jahr vorangekommen.

Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie des unabhängigen Analysten Wolfgang Martin in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Darmstadt. Im SOA Check 2008 gaben 84 Prozent der Interviewten an, eine SOA zu planen oder bereits anzusetzen. Gegenüber der Befragung aus dem Vorjahr ergibt sich eine Steigerung um 11 Prozent. "Die Unternehmen haben in Sachen SOA Fortschritte gemacht", kommentierte Martin die Ergebnisse.

Service-orientierte Architekturen haben sich auch im deutschsprachigen Raum zu einem beherrschenden Thema entwickelt, beobachtet der Marktforscher. Bereits fünf der mit SOA verbundenen Themen fänden sich auf der Liste der zehn wichtigsten IT-Themen, die Gartner für das Jahr 2008 identifiziert habe. Dazu gehörten Business Process Management (BPM), Mashups und Composite Applications, Web Platform und Web-Oriented Architecture (WOA) sowie Social Software.

Steigende SOA-Budgets

Aus Sicht der befragten Verantwortlichen ist die Bedeutung einer SOA für die Unternehmen gleich geblieben. Wie schon im Vorjahr maßen 51 Prozent dem Konzept der Service-orientierten Architektur eine große oder sehr große Bedeutung zu. Gestiegen sind die Budgets und die Anzahl der mit SOA befassten Mitarbeiter. 58 gaben an, mehr als vier Experten mit dem Thema zu beschäftigen. Immerhin 72 Prozent kümmern sich bereits seit mehr als einem Jahr um die Service-Orientierung, 32 Prozent seit mehr als zwei Jahren.

Nutzen der SOA

Bezüglich des Nutzens einer SOA liefert der SOA Check 2008 ein ähnliches Bild wie im Vorjahr: An erster Stelle steht mit 24 Prozent eine höhere Flexibilität, gefolgt von Time-to-Market und einer gesteigerten Produktivität mit jeweils 15 Prozent. Kostenvorteile erhoffen sich 11 Prozent. Ebenso viele SOA-Praktiker setzen auf eine verbesserte Qualität. Der Grad der Zielerreichung, in vielen SOA-Studien ein kritischer Punkt, hat sich laut den Auguren verbessert: Nur noch 40 Prozent gaben an, weniger als 60 Prozent der Ziele erreicht zu haben. Im Jahr 2007 lag der Wert noch bei 51 Prozent. Rund 22 Prozent sprachen gar von einem Zielerreichungsgrad von 80 Prozent, gegenüber 14 Prozent im Vorjahr.

Anwendungen für die SOA

Veränderungen offenbart die aktuelle Studie bei der Frage nach den Anwendungen für eine Service-orientierte Architektur. Hier hat sich das Thema Front Office mit Customer-Relationship-Management (CRM), Kundenselbstbedienung und Vertriebsprozessen auf Platz eins geschoben. 35 Prozent der Befragten sehen darin den größten Nutzen einer SOA. Der wichtigste Anwendungsblock auf dem Vorjahr, BPM einschließlich Corporate Performance Management und der Einführung von Business Process Rules, kommt nur noch auf 27 Prozent gegenüber 33 Prozent im Vorjahr. Beide Ergebnisse verdeutlichten den Vormarsch des Top-down-Ansatzes in Richtung SOA-basierender Geschäftsprozesse, interpretiert Martin die Zahlen.

Governance wird vernachlässigt

Ein Wermutstropfen für die SOA-Protagonisten dürften die Angaben zur Governance der Projekte sein. Gegenüber 2007 erkennen die Studienautoren auf diesem erfolgskritischen Gebiet keinen Fortschritt. So nutzten beispielsweise 51 Prozent der Befragten noch immer keine Service-Level-Agreements (SLAs). Martin: "Das Thema Governance ist auch in 2008 noch nicht verstanden."

Unternehmen haben das Thema Governance noch nicht verstanden, moniert der Analyst Wolfgang Martin.
Unternehmen haben das Thema Governance noch nicht verstanden, moniert der Analyst Wolfgang Martin.
Foto: Wolfgang Martin

Dessen ungeachtet dauern die SOA-Projekte inzwischen länger. Einen SOA-basierenden Prozess konnten nur noch 39 Prozent der Interviewten in weniger als sechs Monaten einführen. Im Vorjahr waren es 63 Prozent. 18 Prozent der SOA-Vorhaben nehmen mittlerweile mehr als ein Jahr in Anspruch. Dabei sei nach wie vor die IT besonders gefordert, so die Marktforscher. In 61 Prozent der Fälle agierte ein IT-Mitarbeiter als Projektleiter. In diesem Kontext seien mehrere neue Berufsbilder entstanden, beispielsweise Service-Manager, Service-Ingenieure, Service-Composer und Service-Administratoren (siehe auch: Was ein SOA-Profi können muss).

Bleibt SOA ein IT-Thema?

Wenig Erfreuliches berichten die Auguren zum Thema Unterstützung durch das Topmanagement. Diese werde zwar von Analysten und Beratern eingefordert, sei aber noch keineswegs Realität: "Die Botschaft SOA ist noch nicht bei der Geschäftsführung angekommen", wiederholte Martin seine Einschätzung aus dem letzten Jahr. "Der Treiber für SOA ist immer noch die IT." (Siehe auch SOA – wie sag ich´s meinem Chef?)

Nach Angaben des Analysten entspricht die Stichprobe der aktuellen Erhebung in Umfang und in der Zusammensetzung nach Unternehmensgröße der des SOA Check 2007. Seinerzeit beteiligten sich 64 Personen aus deutschen und Schweizer Unternehmen. Die Ergebnisse seien zwar nicht repräsentativ, zeigten aber die Trends im deutschsprachigen Markt. Eine ausführliche Präsentation der Studie planen die Initiatoren am 5. März im Rahmen der SOA BPM World auf der CeBIT. Mehr zum Thema Service-orientierte Architekturen und Business Process Management finden Sie auch im SOA-Expertenrat der COMPUTERWOCHE. (wh)